Europäische Union:EU-Staaten beschließen Kompromiss im Verbrenner-Streit

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Die Einigung im Verbrenner-Streit soll den CO₂-Ausstoß im Autoverkehr reduzieren (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die deutsche Blockade ist überwunden: Von 2035 an sollen nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden. Auch die umstrittenen E-Fuels bleiben erlaubt, doch ihr Erfolg ist ungewiss.

Deutschland hat in den vergangenen Wochen bei vielen EU-Partnern Kopfschütteln und Ärger ausgelöst. Im Streit über klimafreundliche Mobilität und das Verbrenner-Aus hatte die Bundesregierung ihre Zustimmung zu einem Kompromiss kurz vor der entscheidenden Abstimmung zurückgezogen. Insbesondere Verkehrsminister Volker Wissing und seine FDP stellten Nachforderungen und setzten sich für sogenannte E-Fuels ein.

Erst nach wochenlanger deutscher Blockade steht nun eine Entscheidung: Von 2035 an sollen nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden. Das haben die EU-Staaten in Brüssel beschlossen - mit einem Hintertürchen für den Verbrennungsmotor. Denn theoretisch dürfen auch Verbrenner-Autos zugelassen werden, wenn sie allein mit E-Fuels betrieben werden. Nur Italien und Polen stimmten gegen den Kompromiss.

Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission und zuständig für Klimaschutz, teilte nach der Abstimmung mit, die neuen Regeln für CO₂-Emissionen seien ein Schlüssel-Bestandteil des "Green Deals" der EU und ein großer Beitrag zu dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein.

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Die weiterhin erlaubten E-Fuels werden mit Hilfe großer Mengen grünen Stroms, Wasserstoffs sowie mit CO₂ aus der Atmosphäre produziert. Sie setzen anders als Benzin oder Diesel keine zusätzlichen klimaschädlichen Gase frei. Ob allerdings nach 2035 in relevanter Zahl solche Verbrenner zugelassen werden, ist völlig offen. E-Fuels gelten als ineffizient und teuer. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer nennt als Argument gegen solche Antriebe die hohen Kosten für die Herstellung der Kraftstoffe und die "gruselige Energiebilanz" - bei der Herstellung wird extrem viel Strom verbraucht.

Umsetzung unklar

Dass die Bundesregierung einem Kompromiss erst zugestimmt und ihre Meinung dann ganz am Ende des langen Gesetzgebungsprozesses geändert hatte, ist ein auf EU-Ebene höchst seltenes Vorgehen. Deutschland erpresse Europa aus innenpolitischen Gründen, weil sich die FDP profilieren wolle, hieß es in Brüssel.

Neben dem Imageschaden ist zudem umstritten, wie die neuerliche Einigung überhaupt umgesetzt werden kann. Bei den Verbrennern soll eine eigene Kategorie für Autos geschaffen werden, die nur mit E-Fuels betrieben werden können. Technische Lösungen hierzu müssten aus der Autoindustrie kommen. Die Funktionsweise von Motoren, die E-Fuels benutzen, unterscheidet sich grundsätzlich nicht von normalen Benzin- oder Dieselmotoren.

Rechtlich sollen die E-Fuel-Autos auch durch einen sogenannten delegierten Rechtsakt in das EU-Regelwerk aufgenommen werden. Diese werden von der EU-Kommission erlassen, aber das Europaparlament und die EU-Staaten können zwei Monate lang Einwände erheben. Der SPD-Europaabgeordnete und Professor für Europarecht René Repasi hat auf Twitter bereits Zweifel geäußert, ob das Vorhaben wie geplant gelingt. Auch Grünen-Politiker aus dem Europaparlament hatten angekündigt, den Kompromiss genau prüfen zu wollen.

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