Verbrechen in Nigeria:Angeblich befreite Mädchen weiter vermisst

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Sie seien frei, meldete das nigerianische Militär - doch von den meisten der mehr als 120 entführten Schülerinnen fehlt Eltern und Schuldirektorin zufolge weiter jede Spur. Unklar ist, ob sich die Mädchen noch immer in der Gewalt der Entführer befinden.

Widersprüchliche Äußerungen haben Verwirrung um das Schicksal der in Nigeria verschleppten Schulmädchen ausgelöst. Das nigerianische Verteidigungministerium meldete am Mittwochabend die Befreiung von mehr als einhundert Schülerinnen. Nur noch acht von ursprünglich 129 Mädchen seien in der Hand der Entführer, sagte Ministeriumssprecher Chris Olukolade.

Doch nach Angaben ihrer Schuldirektorin Asabe Kwambura werden die allermeisten Jugendlichen nach wie vor vermisst. Nur 14 der 129 entführten Schülerinnen seien sicher nach Hause zurückgekehrt, 115 seien weiterhin verschwunden. Von Eltern der Schülerinnen hieß es, es würden noch "viele" Kinder vermisst, berichtet die britische BBC.

Schwerbewaffnete Männer hatten am Montagabend ein Mädcheninternat im Nordosten des Landes überfallen und mehr als hundert Schülerinnen gezwungen, auf Lastwagen zu steigen. Eltern entführter Mädchen berichteten, die Schülerinnen seien in eine Hochburg der radikal-islamischen Organisation Boko Haram verschleppt worden.

Ein BBC-Korrespondent wertete den Angriff auf das Internat als eine Blamage für die nigerianische Regierung, die ihre Militärkampagne gegen die Extremisten bislang als Erfolg dargestellt hatte.

Schülerin berichtet von Flucht

Ein Mädchen, das entkommen konnte, sagte der BBC, dass die Schülerinnen schliefen, als die bewaffneten Männer das Internat überfielen. Sie habe entkommen können, als der Konvoi, mit dem sie und ihre Mitschülerinnen wegtransportiert wurden, wegen eines Fahrzeugdefekts langsamer fahren musste. Zehn bis 15 Mädchen hätten fliehen können. "Wir rannten ins Gebüsch und warteten bis zum Morgengrauen, bevor wir nach Hause zurückkehrten", sagte sie.

Medienberichten zufolge läuft weiterhin eine großangelegte Suchaktion, an der sich Luftwaffe, Armee, Polizei, lokale Sicherheitskräfte und Freiwillige beteiligen. Der Gouverneur von Borno, Kashim Shetima, setzte eine Belohnung von 300 000 Dollar (217 000 Euro) für Hinweise aus, die zur Rettung der Mädchen beitragen können.

Präsident Goodluck Jonathan berief seine wichtigsten Berater zu einer Sitzung ein. Dabei solle es um die Sicherheitslage gegen, nachdem schon am Montag 75 Menschen bei einem Anschlag in Ajuba getötet worden waren, teilte das Präsidentenbüro mit.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die "schockierende" Massenentführung als schweres Verbrechen gegen die Menschenrechte. "Schulen müssen sichere Orte sein, an denen Kinder in Frieden lernen und aufwachsen können", sagte Ban.

Boko Haram kämpft seit Jahren im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias für einen islamischen Staat und verübt regelmäßig Anschläge. Der Name bedeutet übersetzt etwa "westliche Bildung ist Sünde". Seit 2009 sollen mindestens 6000 Menschen ihren Anschlägen und Angriffen zum Opfer gefallen sein. Wegen der häufigen Überfälle auf Schulen sind viele Bildungseinrichtungen inzwischen verwaist, viele Eltern schicken ihre Kinder nicht mehr zum Unterricht.

Linktipps:

Wer steckt hinter Boko Haram und was will die Miliz? Ein Überblick des afrikanischen Dienstes der BBC

"Boko Haram unterwandert den Staat": SZ-Korrespondent Arne Perras analysierte 2012 die Anfänge der Miliz und ihre Verstrickung mit offiziellen Stellen.

© Süddeutsche.de/AFP/Reuters/ratz/joba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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