Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien:UN-Experten fordern Anklage gegen syrische Elite

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Die Gräueltaten in Syrien werden einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge auf Anordnung der politischen und militärischen Führung verübt. Die UN-Experten verlangen, dass die Verantwortlichen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt werden. Eine Liste mit beschuldigten Personen existiert schon - auch der Name des syrischen Präsidenten Assad soll darauf stehen.

Die Eliten von Politik und Militär stehen hinter den Gräueltaten in Syrien. In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht an den UN-Menschenrechtsrat fordert eine Expertenkommission der Vereinten Nationen eine Anklage gegen die Verantwortlichen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Auch Syriens Präsident Baschar al-Assad werden von den UN Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. (Foto: dapd)

Die unabhängigen Ermittler haben nach eigenen Angaben eine vertrauliche Liste mit den Namen von entsprechenden syrischen Politikern und Armee-Angehörigen erstellt. Hinweisen zufolge beinhaltet die Liste auch den Namen von Präsident Baschar al-Assad. Die von dem Brasilianer Paulo Sérgio Pinheiro geleitete Kommission befand zwar, dass auch die Aufständischen Verbrechen begangen haben. Diese seien "allerdings vom Umfang nicht vergleichbar".

In dem Report wird beschrieben, wie die syrischen Streitkräfte auf Befehl Kinder und unbewaffnete Demonstranten erschießen, verwundete Gefangene in Krankenhäusern foltern, Soldaten töten, die entsprechende Befehle verweigern, grundlos Menschen festnehmen und wahllos Wohngebiete mit Panzern und Maschinengewehren angreifen.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen berichtete bereits vor Wochen von ähnlichen Zuständen: Assads Schergen sollen demnach sogar Ärzte attackieren und verwundete Demonstranten gezielt unter Feuer nehmen.

Assad geht mit Gewalt gegen den seit elf Monaten anhaltenden Aufstand vor. Dabei sind nach Angaben der Vereinten Nationen Tausende Menschen ums Leben gekommen. Die Regierung in Damaskus spricht von einem Kampf gegen Terroristen. Die UN konnten in dem Konflikt bislang kaum tätig werden, weil Russland und China Resolutionen im UN-Sicherheitsrat mit ihrem Veto verhindern.

Derzeit gibt es bei den Vereinten Nationen immerhin Pläne, Nothilfekoordinatorin Valerie Amos nach Damaskus zu schicken. Amos solle sich vor Ort ein Bild von der Lage machen und gegenüber dem Assad-Regime den Zugang der syrischen Bevölkerung zu dringend benötigter Hilfe einfordern, sagte ein Sprecher von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Mittwoch. Ein Zeitpunkt für die Reise sei noch nicht festgelegt.

EU weitet Sanktionen gegen Damaskus aus

Die EU-Staaten wollen mit einem Bündel neuer Sanktionen gegen das Regime in Syrien vorgehen. Die 27 EU-Außenminister werden am kommenden Montag unter anderem Einreiseverbote gegen sieben führende Minister verhängen. Diplomaten sagten am Donnerstag in Brüssel, auch die Vermögenswerte der syrischen Nationalbank in Europa würden eingefroren.

Der Handel mit Gold, Edelmetallen und Edelsteinen wird verboten. Frachtflüge zwischen Syrien und der EU werden untersagt, Passagierflüge bleiben erlaubt. Den Diplomaten zufolge wird auch geprüft, wie humanitäre Hilfe nach Syrien geschafft werden kann.

Die Lage für die syrische Bevölkerung ist mittlerweile dramatisch. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) forderte, in besonders umkämpften Gegenden eine tägliche zweistündige Kampfpause zur Versorgung der Bevölkerung einzuhalten.

Die syrische Armee hat unterdessen ihre Angriffe auf weitere Stadtviertel in der Protesthochburg Homs ausgeweitet. Am 20. Tag der Belagerung ist die syrische Armee mit Panzern in die Hochburg der Opposition eingedrungen. Aufständische berichteten am Donnerstag von einem anhaltenden Raketen-, Artillerie- und Granaten-Beschuss des Stadtteils Baba Amro, wo die Kämpfer der Regierungsgegner sich verschanzt hatten.

Aktivisten meldeten am Morgen, neben dem schon stark zerstörten Viertel Baba Amro seien nun auch die Viertel Al-Chalidija und Al-Inschaat mit Granaten beschossen worden.

Eine größere Zahl von Deserteuren soll sich in der Stadt Daraa von den Regierungstruppen abgesetzt haben. Die fahnenflüchtigen Soldaten hätten sich heftige Gefechte mit ihren ehemaligen Kameraden geliefert, hieß es.

© Süddeutsche.de/Reuters/AFP/dpa/mkoh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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