Süddeutsche Zeitung

Verbotene Organistation "Blood & Honour":Neonazis feiern "Tag der Ehre"

In Deutschland ist das rechtsradikale Netzwerk "Blood & Honour" seit zwölf Jahren illegal. Zur Zeit müssen Aktivisten wegen Ermittlungen zu dem NSU-Morden besonders auf der Hut sein. Nun gab es ein geheimes Treffen in Budapest.

Von Frederik Obermaier und Tanjev Schultz

Die Koordinaten erfuhren Europas Neonazis erst kurz vor ihrem Treffen. +47° 30' 9.77", +18° 57' 57.77", eine Grünfläche im Westen der ungarischen Hauptstadt Budapest. Dorthin hatte das Neonazi-Netzwerk "Blood & Honour" am Samstag geladen. Gefeiert werden sollte ein "Tag der Ehre", ein Gedenken an den Kampf der SS gegen die Rote Armee.

Auch Neonazis aus Deutschland wurden erwartet, eine eigene Homepage warnte auf Deutsch, dass Stichwaffen verboten, verdächtige Journalisten dem Veranstalter zu melden und "verbotene Zeichen an der Kleidung abzudecken" seien. Es war das Treffen einer verbotenen Organisation.

In Deutschland ist "Blood & Honour" seit zwölf Jahren illegal. Seither lebt die Organisation im Verborgenen weiter, und ihre Aktivisten weichen mit ihren Treffen auch ins Ausland aus. In einer internen Analyse hat ein Beamter des Bundesamts für Verfassungsschutz vor ein paar Monaten festgestellt, dass der Neonazi-Szene nach dem Vereinsverbot "der maßgebliche Veranstalter von Konzerten rechtsextremistischer Skinhead-Musik" weggebrochen sei.

Daraufhin sei es zu "Ersatzhandlungen" in Nachbarländern und in den Klubhäusern von Rockerbanden gekommen. Die Neonazis finden Mittel und Wege, staatliche Verbote zu umgehen.

Zurzeit müssen die Aktivisten von "Blood & Honour" (B & H) besonders auf der Hut sein, denn der Name ihrer Organisation ist immer wieder im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die Terrorvereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) aufgetaucht. Mehrere mutmaßliche Helfer und frühere Freunde der NSU-Mitglieder waren in den Neunzigerjahren zentrale Figuren in der sächsischen Sektion von B & H.

Als das NSU-Trio 1998 untertauchte, fand die Polizei in dessen Garage allerlei Neonazi-Propaganda, darunter B & H-Broschüren. Die Fahnder des Landeskriminalamts in Thüringen schrieben 1999, das geflohene Trio gehöre "in Jena zum harten Kern der Blood and Honour Bewegung". Ob die drei formal wirklich den Status von Mitgliedern hatten, ist allerdings nicht sicher.

Blood & Honour hatte in Deutschland bis zu dem Verbot eine feste Mitgliederstruktur. Für Neulinge gab es eine Probezeit von mindestens sechs Monaten und ein Eintrittsalter von mindestens 21 Jahren. Für Jugendliche gab es die später ebenfalls verbotene Gruppe "White Youth".

Combat 18 - die Zahl steht für die Initialen Adolf Hitlers

Der 1993 gestorbene Brite Ian Stuart Donaldson, Sänger der Rechtsrock-Band "Skrewdriver", hatte das internationale Netzwerk Ende der Achtzigerjahre gegründet. Der Name war eine Hommage an die Hitlerjugend. "Blut und Ehre" war deren Grußformel. Donaldsons Ziel: eine weltweite Koordination rechtsextremer Bands und Propaganda. In Berlin entstand 1994 die "Division Deutschland". In ihrem "25-Punkte-Programm" hieß es, die Division sei "als eine Familie anzusehen und auch als solche zu behandeln".

Blood & Honour lässt es nicht bewenden mit Konzerten und Parolen. Der militante Arm der Organisation, der sich Combat 18 nennt - die Zahl 18 steht bei Neonazis für die Initialen Adolf Hitlers - trainiert den bewaffneten Kampf. In einem Magazin der B & H-"Division Deutschland" heißt es: "Die Patrioten von heute müssen sich auf den größten aller Kriege, den Rassenkrieg, vorbereiten."

Insgesamt ist von Zehntausenden Mitgliedern weltweit auszugehen. So hatte ein B & H-Forum, das 2008 gehackt wurde, allein schon 31.948 registrierte Nutzer. In Deutschland gab es seit dem Verbot schon mehr als 20 Ermittlungsverfahren wegen Fortführung der Organisation.

Die Szene ist jedoch vorsichtiger geworden. Ihre hierzulande verbotenen Abzeichen zeigen die Aktivisten meist nur noch im Ausland öffentlich. Die Behörden fingen einmal eine Musik-CD ab ("Blood & Honour Division Deutschland - Voices of Solidarity"), die aus den USA nach Deutschland geschickt wurde, aber mit dem unverdächtigen Aufdruck einer unpolitischen Country-Band überklebt war.

Auf der internationalen Blood & Honour-Homepage wird der deutsche Ableger des Netzwerks weiterhin genannt. Die deutsche Division sei zwar verboten, ist da zu lesen, per Mail könne man die Mitglieder aber trotzdem erreichen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1596621
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.02.2013/esp/bavo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.