Venezuelas Präsident Maduro:Scharfe Worte, ratloses Handeln

Venezuelas Präsident Maduro: Nicolás Maduro, ratloser Präsident Venezuelas

Nicolás Maduro, ratloser Präsident Venezuelas

(Foto: AFP)

Die Ermordung ihrer Schönheitskönigin schockt die Venezolaner. Staatschef Maduro verspricht eine Politik der "eisernen Hand". Doch der Chávez-Nachfolger wird der grassierenden Gewalt nicht Herr - und den wirtschaftlichen Problemen des Landes auch nicht.

Von Peter Burghardt, Buenos Aires

Das neue Jahr in Venezuela hat so blutig begonnen wie das alte geendet hat. Und plötzlich bekam der Schrecken ein Gesicht, das viele Venezolaner kennen. Denn das Grauen traf Mónica Spears, 2004 Schönheitskönigin der Nation.

Auf der Rückfahrt aus dem Weihnachtsurlaub nach Caracas hatten die 29 Jahre alte Venezolanerin, der Ire Thomas Henry Berry und ihre kleine Tochter eine Reifenpanne auf der Autobahn. Allein das versetzt Menschen in Panik in dem südamerikanischen Land, Überfälle sind häufig. Nach einer halben Stunde kam ein Abschleppwagen, doch kurz darauf näherten sich Kriminelle. Die Familie Spears schloss sich in ihrem Fahrzeug ein, die Täter schossen.

Die Miss Venezuela von einst, populär auch aus Fernsehserien wie "La Mujer Perfecta" (Die perfekte Frau), und ihr Mann waren sofort tot. Das fünfjährige Mädchen wurde mit einer Schusswunde in eine Klinik gebracht. Der Schock erfasste die ganze Republik - auch ihren Präsidenten Nicolás Maduro, den Erben des Hugo Chávez.

Die Verbrechen sind eine Hinterlassenschaft der Ära Chávez. 1999, im Jahr seines Amtsantritts, wurden in Venezuela laut Statistik 4000 Menschen ermordet. 2013 waren es gemäß der Organisation "Venezolanisches Observatorium der Gewalt" 24.763. Gründe für diesen Wahnsinn gibt es viele, ganz Lateinamerika leidet unter dieser Epidemie des Tötens.

Hasserfüllte Diskurse

Dabei ging die Armut zurück. Es gibt viel zu viele Waffen und Banden, die Gefängnisse sind überfüllt, die Polizei ist vielfach so korrupt und überfordert wie die Justiz. Die meisten Killer gehen straffrei aus, was die Hemmschwelle senkt. Dazu kommt in Venezuela ein hasserfüllter Diskurs von Regierung und Opposition.

Maduro verspricht angesichts der Causa Mónica Spears nun eine Politik der "eisernen Hand". Man werde entschieden gegen all jene vorgehen, "die das Gemetzel gegen das Volk fortsetzen wollen". Doch genaugenommen ist der Nachfolger von Hugo Chávez im Fall des gefährlichsten Problems Venezuelas so ratlos wie bei all den anderen Schwierigkeiten.

Dabei schien sich Staatschef Maduro zuletzt ein wenig gefangen zu haben, trotz allem. Die Wahl im April 2013 hatte er nur hauchdünn gegen seinen Rivalen Henrique Capriles gewonnen. Seine Gegner sprechen bis heute von Betrug, wobei die Vorwürfe von den Richtern abgewiesen wurden. Im Vergleich zum charismatischen Patron Chávez wirkt Maduro hölzern, obwohl er den im März 2013 verstorbenen Caudillo ständig zu kopieren versucht.

Bei den Kommunalwahlen im Dezember kam der Sozialistischen Partei (PSUV) zwar manche Großstadt und Gemeinde abhanden, doch die Chavisten sammelten mehr Stimmen als ihre Herausforderer - die Linken sind weiterhin stärker als die Rechten. Zudem darf Maduro bis auf Weiteres per Dekret regieren, seine parlamentarische Mehrheit erlaubt ihm das. Jetzt soll er auf diese Weise die Geißeln Venezuelas bekämpfen: Gewalt und Inflation, Stromausfälle und Versorgungsengpässe.

Immer wieder gehen die Lichter aus

Die Geldentwertung liegt bei mehr als 50 Prozent und ist damit eine der höchsten der Welt. Auf dem Schwarzmarkt ist die Landeswährung Bolívar zehnmal so viel wert wie am Bankschalter, weshalb die Venezolaner massenhaft Devisen aus dem Ausland einschleppen und bündelweise eintauschen. Trotz des Ölreichtums gehen immer mal wieder die Lichter aus, und in Supermärkten fehlen regelmäßig Dinge des täglichen Bedarfs wie Milch oder Toilettenpapier.

Maduro begegnet den Engpässen mit Abwertungen und Preiskontrollen. Einerseits lädt er oppositionelle Politiker zum Dialog, andererseits wird gegnerischen Abgeordneten gerne der Ton abgestellt. Auch wurden schon Widersacher in der Volksvertretung verprügelt. Er spreche nicht mit Faschisten, erläuterte der chavistische Parlamentspräsident und vormalige Offizier Diosdado Cabello, der zweite Machthaber neben Maduro.

Der Presidente Maduro erhöht derweil die Mindestlöhne, steigert weiter die Staatsausgaben und will die Produktion des staatlichen Ölkonzerns PdVSA mit ausländischer Hilfe antreiben. Die sozialistische Revolution zieht er weniger pragmatisch durch als sein cleverer Vorgänger Chávez, Kubas Präsident Raúl Castro ist sein wichtigster Verbündeter und Berater.

Innenminister Miguel Rodríguez Torres bittet, das Thema Unsicherheit nicht zu politisieren. Dies sei ein Problem der gesamten Gesellschaft. Derweil werden Mónica Spears und ihr Mann beerdigt - ihr Kind ist Waise.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: