Knapp einen Monat vor den wichtigen Präsidentschaftswahlen in Venezuela könnte doch noch Bewegung in die festgefahrenen Beziehungen mit den USA kommen. Der Staatschef des südamerikanischen Landes, Nicolás Maduro, gab am Montagabend in einer TV-Sendung bekannt, dass man wieder in Verhandlungen treten wolle mit Washington: „Nachdem ich darüber nachgedacht habe, habe ich zugestimmt, und am kommenden Mittwoch werden die Gespräche wieder aufgenommen.“
Schon seit Jahren schwelt der Konflikt zwischen Venezuela und den Vereinigten Staaten. Die US-Regierung wirft den Machthabern in Caracas vor, sich durch Wahlmanipulation und Repression im Amt zu halten. Washington hat darum in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Sanktionen erlassen, sowohl gegen Einzelpersonen als auch gegen Firmen, darunter die staatliche venezolanische Ölgesellschaft PDVSA. Die Strafmaßnahmen haben in Venezuela mit zu einer schweren Wirtschaftskrise beigetragen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in dem ölreichen Land lebt heute unter der Armutsgrenze und fast ein Viertel der Venezolaner hat in den letzten Jahren seine Heimat verlassen.
Sanktionen haben den Druck auf Maduro erhöht
Die Not ist groß und der Druck auf die Machthaber in Caracas wächst. Nach zähen Verhandlungen kam es vergangenes Jahr dann wieder zu einer ersten Annäherung: Die venezolanische Regierung erklärte sich im Oktober zu Wahlen bereit, daraufhin lockerten die USA ihre Sanktionen gegen den venezolanischen Öl- und Gassektor. Schon ein halbes Jahr später wurden diese jedoch wieder in Kraft gesetzt, nachdem eine aussichtsreiche Oppositionskandidatin von der Wahl ausgeschlossen worden war.
Die Abstimmung findet am 28. Juli statt. Machthaber Nicolás Maduro will sich eine dritte Amtszeit sichern und damit auch den Verbleib des Chavismus an der Macht ermöglichen. Die auf den verstorbenen linken Staatschef Hugo Chávez zurückgehende politische Bewegung dominiert seit mittlerweile einem Vierteljahrhundert das Land.
Oppositionskandidat liegt in Umfragen vorne
Trotz des Versprechens von möglichst freien und fairen Wahlen wurden eine ganze Reihe von Kandidaten für die Abstimmung nicht zugelassen. Gleichzeitig gab es in den vergangenen Monaten immer wieder Verhaftungen von Menschenrechtsaktivisten und Oppositionellen. Nur ein Bruchteil der im Ausland lebenden und meist regierungskritischen Venezolaner konnte sich außerdem für die Wahlen registrieren und internationale Beobachtermissionen wurden von der Regierung in Caracas wieder ausgeladen.
Derzeit liegt Staatschef Maduro in den allermeisten Umfragen weit abgeschlagen hinter Edmundo González Urrutia, dem Bewerber der konservativen Opposition. Allerdings hat die Regierung in Caracas in den letzten Wochen mit einer massiven Kampagne begonnen. Ebenso wie Vertreter der Opposition tourt auch Nicolás Maduro durchs Land. Es gibt Geldzuweisungen und Spezialsendungen im Fernsehen, darunter eine Castingshow, in der ein offizieller Wahlkampfsong gesucht wurde.
Dass sich die Regierung in Caracas nun wieder den USA annähern will, könnte ebenfalls in diesem Zusammenhang stehen, glauben Experten: Vor der Abstimmung soll demnach ein versöhnliches Zeichen gesetzt werden, ein Signal dafür, dass auch nach einem Sieg des Chavismus die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten weitergehen würden – und im Idealfall die US-Sanktionen ein Ende fänden.
Bisher hat die Regierung in Washington die Äußerungen des venezolanischen Staatschefs nicht kommentiert. Eine Wiederaufnahme der Gespräche ist aber letztendlich wohl auch in ihrem Sinn. Venezuela verfügt über die größten bekannten Erdölreserven der Welt und vor Beginn des Konflikts ging ein Großteil davon in die USA. Gleichzeitig stammen heute viele der Flüchtlinge, die über die Südgrenze der Vereinigten Staaten ins Land kommen, aus Venezuela. Die US-Regierung möchte diesen Zustrom stoppen, das aber wird nicht ohne die Hilfe von Caracas möglich sein.