Venezuela:Maduro, der überforderte Staatslenker

10 DAYS OF TRIBUTE TO CHAVEZ AFTER THREE YEARS OF HIS DEATH

Nicolás Maduro kann nichts für die Dürre in seinem Land, aber für viele andere Missstände.

(Foto: picture alliance / dpa)

Vor den Geschäften stehen Schlangen, die Inflation galoppiert: Dem früheren Busfahrer und Chavez-Nachfolger ist die Lage in dem Krisenstaat völlig entglitten.

Porträt von Sebastian Schoepp

Das Beispiel Brasilien hat Venezuelas Opposition Mut gemacht. Wenn es im Nachbarland, wo die Wirtschaftskrise weniger heftig wütet, möglich war, ein unbeliebtes Staatsoberhaupt aus dem Amt zu entfernen - warum nicht auch in Caracas? Warum also nicht Nicolás Maduro stürzen, dessen Popularität derart erschüttert ist, dass die Opposition zwei Millionen Unterschriften zusammenbrachte, die ein Referendum über Maduros Verbleib im Amt einleiten sollten.

Der Unterschied zwischen Brasilien und Venezuela: Während Dilma Rousseff sich einem inhaltlich fragwürdigen, aber der Form nach korrekten Amtsenthebungsverfahren unterwarf, denkt Maduro nicht daran, zurückzuweichen.

Dabei ist es völlig offensichtlich, dass Maduro die Lage entglitten ist. Die Versorgung ist nicht gewährleistet, Schlangen vor den Geschäften gehören zum Alltag. Die Inflation galoppiert. Der Strom wurde rationiert, Staatsangestellte arbeiten nur noch zwei Tage die Woche, was das allfällige Verwaltungschaos dramatisch verschlimmert.

Nun kann auch Nicolás Maduro nichts für die Dürre, die Venezuela in Folge des Klimaphänomens El Niño heimsucht. Doch er kann etwas dafür, dass seine handlungsunfähige und korrupte Machtclique an der Verwaltung des Staates scheitert.

Maduro regiert mit Dekreten, lässt Oppositionelle einsperren, entmachtet schrittweise das Parlament, in dem seine Partei im vergangenen Jahr die Mehrheit verloren hat. Gerade erst verlieh er sich und dem Militär Sondervollmachten, um die dramatische Versorgungslage zu bekämpfen.

Dazu rezitiert der 53-Jährige wie eine Bauchrednerpuppe die Sprüche, die sein Vorgänger und Mentor Hugo Chávez ihm beigebracht hat, von den ausländischen Mächten, die in jedem Moment in Venezuela einmarschieren könnten, um mit der sozialistischen Revolution Schluss zu machen. Doch von der ist ohnehin nicht viel übrig. Es zeigt sich, welch kapitaler Fehler es war, sich ganz auf Öleinnahmen zu verlassen. Jetzt, da diese wegbrechen, wankt das System, die großzügigen Sozialleistungen sind nicht mehr finanzierbar.

Busfahrer Maduro - überfordert bei der Lenkung des Landes

Schon Chávez war taub gegen gut gemeinte Empfehlungen befreundeter Staatschefs wie Fidel Castro oder Evo Morales, er solle nicht auf die Monokultur Öl setzen. Doch sein größter Fehler war, keinen fähigen Nachfolger auszusuchen, die Schwäche lateinamerikanischer Caudillos.

Der ehemalige Busfahrer Maduro, der gerne in Trainingsanzügen in den Landesfarben auftritt, kam zwar im Nahverkehr von Caracas zurecht, was auch nicht leicht ist. Selbst als Außenminister machte er eine passable Figur. Aber mit der Lenkung eines Krisenstaates ist der übergewichtige Maduro heillos überfordert.

Je unbeholfener er dabei wirkt, desto rabiater werden seine Methoden, schon spricht er von weiteren Enteignungen. Das soll radikale Anhänger begeistern, die Krise wird es kaum mildern. In Brasilien war nach Rousseffs Suspendierung von kaltem Putsch die Rede. In Venezuela ist nicht auszuschließen, dass sich die Lage bald gefährlich erhitzt.

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