Chaos im Abgeordnetenhaus:Zwei Parlamentspräsidenten in Venezuela

Chaos im Abgeordnetenhaus: Oppositionsführer Juan Guaidó versucht, über eine Absperrung in das Abgeordnetenhaus zu gelangen - vergeblich.

Oppositionsführer Juan Guaidó versucht, über eine Absperrung in das Abgeordnetenhaus zu gelangen - vergeblich.

(Foto: AFP)
  • Venezolanische Sicherheitskräfte hindern Oppositionsführer Guaidó und andere Parlamentarier am Zutritt zum Parlament.
  • Dort lässt sich sein Widersacher Parra zum Nachfolger Guaidós als Präsident der Volkskammer küren.
  • Guaidó lässt sich wenig später im Gebäude einer Tageszeitung von Anhängern ebenfalls zum Parlamentspräsidenten wählen.

Chaotische Szenen im venezolanischen Parlament: Eigentlich wollte sich der größte Widersacher des venezolanischen Machthabers Nicolás Maduro, Parlamentspräsident Juan Guaidó, am Sonntag in einer Wahl in seinem Amt bestätigen lassen. Doch Sicherheitskräfte hinderten Guaidó und andere oppositionelle Parlamentarier am Eintritt in das Parlamentsgebäude.

Dort erklärte sich nach tumultartigen Szenen schließlich Luis Parra zum neuen Präsidenten des Parlaments - via Megaphon. Parra gilt offiziell ebenfalls als Widersacher von Präsident Maduro. Er gehörte bis Dezember der Oppositionspartei "Gerechtigkeit Zuerst" an, die Teil des Bündnisses um Guaidó ist. Er wurde jedoch von seiner Partei ausgeschlossen, nachdem Oppositionsvertreter ihn des Versuchs beschuldigt hatten, andere Parlamentarier mit hohen Bestechungssummen für Maduro zu gewinnen.

Parra wurde nun von der Regierung Maduro ergebenen Abgeordneten zum Präsidenten der Volkskammer gewählt. Fast auschließlich diese waren zuvor von den Sicherheitskräften ins Gebäude gelassen worden. "Das ist eine Farce," zitiert Bloomberg den Abgeordneten Stalin Gonzales. "Wo ist das Wahlergebnis, wo ist die Anwesenheitsliste, die das nötige Quorum für diese Art von Wahl bestätigt?"

Der bisherige Parlamentspräsident Guaidó hatte noch versucht, über eine Absperrung ins Gelände des Parlaments zu klettern, war jedoch von Sicherheitskräften zurückgedrängt worden. Später berief Guaidó eine alternative Parlamentssitzung im Gebäude der Tageszeitung El Nacional ein, wo er von der Mehrheit der Anwesenden erneut zum Präsidenten des Parlaments gewählt wurde.

Zwei Präsidenten, zwei Parlamentspräsidenten

Guaidó kündigte nach seiner Wiederwahl an, am Dienstag zu einem Treffen in das Parlamentsgebäude gehen zu wollen. Er sagte: "Heute haben wir die Diktatur erneut besiegt. Sie haben nicht gesiegt. 2020 ist eine zweite Chance für Venzuela. Wir haben keinen Zweifel, dass wir die Mehrheit haben und wir werden sie nutzen. Wir müssen die Diktatur unter Druck setzen."

Mit der doppelten Wahl hat Venezuela nicht nur zwei Präsidenten, sondern nun auch zwei Parlamentspräsidenten. Der 36-jährige Guaidó hatte sich im Januar 2019 kurz nach seiner Wahl zum Parlamentspräsidenten auch zum Interimspräsidenten der Republik Venezuela ernannt und wird über 50 Staaten anerkannt. Die tatsächliche Staatsgewalt liegt jedoch bei Präsident Nicolás Maduro, der das oberste Gericht, die verfassungsgebende Versammlung und das Militär kontrolliert.

Maduro hatte am Sonntag erklärt, dass das Parlament im Jahr 2020 neu gewählt werden soll. Seine Anhänger sammelten sich lange nur in der von Maduro neu ins Leben gerufenen verfassungsgebenden Versammlung, einer Art Konkurrenzparlament. Erst seit kurzem nehmen sie wieder an Sitzungen der Nationalversammlung teil, worin Kritiker nun angesichts der Wahl Parras nun ein taktisches Manöver sehen.

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