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Caracas:Venezuelas Opposition setzt Guaidó als Interimspräsidenten ab

Der als Gegenspieler des autoritären Staatschefs Maduro bekannt gewordene Politiker schaffte es nicht, die politischen Kräfte hinter sich zu bündeln. Stattdessen stellen sich seine einstigen Mitstreiter auf Neuwahlen ein.

Nach knapp vier Jahren hat die venezolanische Opposition dem selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó die Unterstützung entzogen. Die Delegierten von drei der vier wichtigsten Oppositionsparteien stimmten mit großer Mehrheit dafür, Guaidó als Übergangspräsidenten abzusetzen und die Verantwortung für die selbst ernannte Übergangsregierung in die Hände eines Komitees zu legen.

Der als Gegenspieler des autoritären Staatschefs Nicolás Maduro international bekannt gewordene Politiker Guaidó richtete sich angesichts der Niederlage direkt an seine Landsleute: "An die Venezolaner: Zählt auf mich. Wir werden als Demokraten weiterhin die Verfassung verteidigen. Heute sage ich euch: Wir werden die Diktatur besiegen. Wir werden uns immer auf der Straße wieder treffen." Guaidós Partei Voluntad Popular war gegen die Pläne. Guaidó selbst hatte die Gesetzgeber aufgefordert, ihn zu ersetzen, anstatt die Interimsregierung aufzulösen.

Guaidó hatte sich im Januar 2019 nach Wahlen, die von Venezuelas Opposition als manipuliert kritisiert wurden und Maduro offiziell im Amt bestätigten, selbst zum Übergangsstaatschef erklärt und galt seitdem als öffentliches Gesicht der zerstrittenen venezolanischen Opposition. Zahlreiche Länder, darunter Deutschland und die USA, erkannten ihn als rechtmäßigen Präsidenten an. Allerdings gelang es Guaidó nie, sich gegen Staatschef Maduro durchzusetzen, der unter anderem vom mächtigen Militär gestützt wird. Rückendeckung bekommt er auch von Ländern wie Russland, Kuba, China und Iran. Zuletzt schwand der Einfluss Guaidós immer weiter. Angesichts der Präsidentschaftswahlen 2024 wollten sich Teile der Opposition nun neu aufstellen und stimmten deshalb für die Absetzung ihres glücklosen Frontmannes.

Die Vereinigten Staaten wollen trotz der Entwicklungen die Opposition, die Versammlung und die Übergangsregierung weiterhin unterstützen, "unabhängig davon, welche Form sie annimmt", sagte ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA. Mit Sanktionen will Washington freie und faire Präsidentschaftswahlen erzwingen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen haben in diesem Jahr über sieben Millionen Venezolaner ihr Land verlassen, um Armut, hoher Inflation und Lebensmittelknappheit zu entkommen.

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SZ/dpa/Reuters/jael/gba
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