Venezuela:Die Einschläge kommen näher

Juan Guaido, Omar Barboza, Edgar Zambrano

Edgar Zambrano (links) gilt als enger Vertrauter von Juan Guiadó.

(Foto: Fernando Llano/AP)

Der Geheimdienst verhaftet Edgar Zambrano, den Stellvertreter von Oppositionschef Juan Guaidó.

Von Christoph GUrk

Edgar Zambrano berichtete live auf Twitter über seine Festnahme. Er sitze gerade in seinem Auto in Caracas, schrieb der stellvertretende Präsident der venezolanischen Nationalversammlung am Mittwochabend gegen 19 Uhr Ortszeit. Agenten des Geheimdienstes hätten ihn vor dem Sitz seiner Partei überrascht und danach umzingelt. Er weigere sich aber, sein Auto zu verlassen, so Zambrano weiter, darum werde er nun mitsamt dem Fahrzeug in den Helicoide geschleppt, jenes ehemalige Einkaufszentrum unweit des Zentrums der venezolanischen Hauptstadt Caracas, das heute als Sitz des Geheimdienstes und als berüchtigtes Gefängnis dient. Das war bisher die letzte Nachricht von Zambrano.

Etwa eine Woche nach dem gescheiterten Umsturzversuch vom 30. April in Venezuela holt die Regierung von Nicolás Maduro zum Gegenschlag aus. Gegen zehn Oppositionsabgeordnete wurden am Dienstag und Mittwoch Strafverfahren eingeleitet, unter anderem wegen Vaterlandsverrat, Verschwörung und Anstiftung zum öffentlichen Aufstand. Ihnen allen wurde daraufhin die von der Verfassung garantierte parlamentarische Immunität aberkannt, Zambrano ist bisher allerdings der Erste aus der Gruppe, der auch tatsächlich festgenommen wurde.

Der Oppositionspolitiker gilt dabei als einer der engsten Vertrauten des venezolanischen Parlamentspräsident Juan Guaidó. Dieser hatte sich im Januar selbst zum Interimspräsidenten des ganzen Landes ausgerufen. Guaidó wurde umgehend von mehr als 50 Staaten weltweit als legitimes Staatsoberhaupt anerkannt, darunter auch von Deutschland. Die faktische Macht aber konnte er noch nicht ergreifen und so liefert er sich seit Monaten einen erbitterten Kampf mit Präsident Nicolás Maduro. Vergangene Woche gipfelte dieser dann in der "Operación Libertad", einem offenen Umsturzversuch Guaidós gegen die Regierung.

Vor dem Luftwaffenstützpunkt La Carlota in Caracas rief Guaidó am frühen Morgen des 30. April die Soldaten der venezolanischen Armee dazu auf, die Seiten zu wechseln. In unmittelbarer Nähe von Guaidó stand damals auch Edgar Zambrano. Anders allerdings als von den Oppositionellen erhofft, folgten nur wenige Soldaten dem Aufruf. Der Umsturz scheiterte, in den Tagen darauf kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, mindestens fünf Menschen starben, Dutzende wurden verletzt. Die Massenproteste sind mittlerweile abgeflaut, und die Regierung von Nicolás Maduro beginnt nun, gegen die Urheber des Umsturzversuchs vorzugehen.

Zambrano wird dabei als einer der Hauptschuldigen gesehen, so zumindest erklärte es gestern Abend Diosdado Cabello, Vorsitzender der verfassunggebenden Versammlung. Sie wurde 2018 von Nicolás Maduro eingerichtet, um das von der Opposition dominierte Parlament zu entmachten. Cabello ist also so etwas wie der regierungstreue Gegenspieler von Juan Guaidó. Neben seiner Funktion als Politiker hat Cabello aber auch noch einen Job als Moderator einer wöchentlichen Sendung im venezolanischen Staatsfernsehen. Sie trägt den Titel "Con el Mazo Dando", auf Deutsch in etwa "Hammerschläge". In ihr vermeldete Cabello gestern Abend live und unter dem Jubel des Publikums die Verhaftung Zambranos. Zugleich kündigte er auch noch weitere Festnahmen von Abgeordneten an, ohne dabei aber Namen zu nennen. "Sie glauben, es würde hier keine Gerechtigkeit geben. Aber Gerechtigkeit wird kommen", sagte Cabello.

Beobachter fragen sich nun, wer als Nächstes verhaftet werden könnte. Auch Juan Guaidó selbst genießt nicht mehr parlamentarische Immunität. Sollte er festgenommen werden, haben die USA allerdings schon mit ernsthaften Konsequenzen gedroht. Und tatsächlich ist Guaidó, von einem kurzen Zwischenfall abgesehen, bisher auf freiem Fuß geblieben. Dafür aber geht die Regierung von Maduro zunehmend härter gegen Guaidós Vertraute vor. Zambranos Festnahme dürften darum weitere folgen.

Mehrere Regierungen verurteilten umgehend die Verhaftung, darunter Kolumbien, Chile und Peru. Die USA forderten die sofortige Freilassung Zambranos, genauso wie auch Deutschland. Die Festnahme von Edgar Zambrano sei verfassungswidrig, er müsse umgehend freigelassen werden und seine Immunität als Parlamentarier respektiert werden.

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