Vatikan:Umstrittener Kardinal Law ist tot

Vatikan: Bekannt aus dem oscargekrönten Film „Spotlight“: Kardinal Bernard F. Law deckte Dutzende pädophile Priester. Seinem Einfluss im Vatikan schadete das kaum.

Bekannt aus dem oscargekrönten Film „Spotlight“: Kardinal Bernard F. Law deckte Dutzende pädophile Priester. Seinem Einfluss im Vatikan schadete das kaum.

(Foto: Thomas Coex/AFP)

Seine Geschichte wurde im oscarprämierten Film "Spotlight" erzählt: Als Erzbischof von Boston deckte Bernard Law pädophile Priester.

Von Oliver Meiler

Mit einer Eilmeldung um 6.25 Uhr in der Früh hat das Presseamt des Heiligen Stuhls am Mittwoch den Tod des amerikanischen Kardinals Bernard Francis Law, 86, gemeldet. Bei betagten Prälaten lässt sich das Amt normalerweise etwas mehr Zeit. Doch in diesem Fall ist alles etwas anders. Law, der nach langer Krankheit starb, war bis fast zuletzt eine einflussreiche Persönlichkeit im Machtgeflecht des Vatikans gewesen, obwohl seine Karriere im Schatten des größten Skandals der jüngeren Kirchengeschichte stand.

In den fast zwei Jahrzehnten als Erzbischof von Boston hat Law Dutzende pädophile Priester gedeckt, von deren Vergehen er wusste. Statt sie anzuzeigen, wurden sie von einer Pfarrei zur anderen versetzt, was das Leid noch größer machte. Aufgedeckt wurde der Skandal im Jahr 2002 von der Zeitung Boston Globe mit einer Serie von Artikeln: 87 Fälle offenbarte das Blatt. Ein Priester allein, John Geoghan, soll sich an 130 Kindern vergangen haben.

Die Enthüllungen wurden zur Grundlage des oscargekrönten Films "Spotlight".

Law versuchte zunächst, die Affäre auszusitzen, später gelobte er, mit den Missständen aufräumen zu wollen. Kinder, sagte er einmal, seien "eines der größten Geschenke Gottes". Lange hatte der Konservative als hoffnungsvoller Aufsteiger gegolten: Papst Johannes Paul II., der ihn 1985 zum Kardinal machte, hielt große Stücke auf ihn. In den USA trat Law oft im Fernsehen auf, verkehrte mit den Präsidenten Ronald Reagan und George Bush. Vor dem Skandal handelte man ihn als künftigen Kurienkardinal, manche sahen in ihm gar einen "Papabile", einen Kandidaten für allerhöchste Weihen.

Im Dezember 2002 aber flog Law nach Rom und reichte seinen Rücktritt als Erzbischof ein. Der Papst nahm ihn an, nachdem er davor lange gezögert hatte. Der Vatikan war für Law ein Rückzugsort in jeder Beziehung, auch juristisch: extraterritorial, mit ganz eigenen Gesetzen. In den USA wurden nun 500 Klagen mit Schadenersatzforderungen von über 100 Millionen Dollar verhandelt. In Rom aber konnte ihm das alles nichts anhaben.

2004 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Erzpriester der päpstlichen Basilika Santa Maria Maggiore. Die Vergabe des Prestigeamts kam vielen Missbrauchsopfern wie doppelter Hohn vor. Law nahm auch an der Wahl von Benedikt XVI. teil und lenkte offenbar weiterhin maßgeblich die Geschicke der katholischen Kirche in den USA mit. Er wohnte im prächtigen Palazzo della Cancelleria im alten Herzen Roms.

In der Eilmeldung zu Laws Tod standen noch keine Einzelheiten zur Beerdigung. Die kamen erst später in einer gesonderten Lieferung, gezeichnet vom Papst. Er bete dafür, schreibt Franziskus, dass Gott, der Barmherzige, den Kardinal willkommen heiße in seinem ewigen Frieden.

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