Katholische Kirche:Der Heilige Vater dankt

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„Ich stelle es allen sofort zur Verfügung“: Papst Franziskus spricht im Vatikan über das Schlussdokument zur Weltsynode, die an diesem Wochenende zu Ende ging. (Foto: Tiziana Fabi/AFP)

Drei Jahre hat die Weltsynode gedauert, am Wochenende ging sie zu Ende. Überraschend hat sich Papst Franziskus die Beschlüsse zu eigen gemacht. Doch was heißt das nun konkret?

Von Annette Zoch, Rom

Er nuschelt den Satz ganz lapidar hin. „Das, was wir beschlossen haben, reicht“, sagt Papst Franziskus. Er sitzt in der zur Synodenaula umfunktionierten Audienzhalle, leicht erhöht auf einem goldgefassten Stuhl – so viel Papstprimat muss sein – und hält seine Schlussansprache. Drei Jahre lang haben Bischöfe und Laien, Männer und Frauen, aus der ganzen weiten Weltkirche über die Gestalt der katholischen Kirche in der Zukunft diskutiert. Gerade haben sie das Schlussdokument verabschiedet und dem Papst zur weiteren Verwendung überantwortet.

Der Papst dankt und sagt: „Das Dokument enthält bereits sehr konkrete Hinweise, die eine Orientierungshilfe für die Mission der Kirchen auf den verschiedenen Kontinenten und in den unterschiedlichen Kontexten sein können. Deshalb stelle ich es allen sofort zur Verfügung.“ Franziskus erntet ungläubig-verhaltenen Szenenapplaus – damit hat sich der Papst sehr überraschend die Beschlüsse der Weltsynode zu eigen gemacht, einfach so. Normalerweise veröffentlicht der Pontifex erst ein paar Monate später seine eigene Sicht der Dinge, die manchmal nicht mehr viel mit den Beschlüssen zu tun haben. Doch diesmal nicht – von „Paukenschlag“ ist die Rede.

52 Seiten lang ist das Dokument insgesamt, es besteht aus 155 Einzelparagrafen. Am Samstag war über jeden einzelnen abgestimmt worden, an dem Gesamtpapier hatten die Synodenteilnehmer insgesamt vier Wochen lang gearbeitet. Aber erst auf den allerletzten Metern hat er seine endgültige Form angenommen. Der Entwurf war hinter den Kulissen als zu wolkig und unkonkret kritisiert worden. Doch dann wurde nachgeschärft. Insgesamt 1135 Änderungsanträge waren eingearbeitet worden, sagt Synodensekretär Kardinal Mario Grech.

Die Frage nach Diakoninnen steht als „offen“ im Dokument

Vor allem das Thema Frauen habe sich die Synode „zurückerobert“, sagt Helena Jeppesen-Spuhler vom Schweizer katholischen Hilfswerk „Fastenaktion“. Dies sei auch eine Frage der Glaubwürdigkeit gewesen. Sie war eine von wenigen deutschsprachigen Frauen bei der Synode. Ein Frauendiakonat wird wie erwartet nicht eingeführt, aber die Frage danach steht explizit als „offen“ im Dokument. „Es gibt keinen Grund oder kein Hindernis, das Frauen davon abhalten sollte, Führungsaufgaben in der Kirche zu übernehmen“, heißt es in dem Text außerdem.

Der Diakon ist die niedrigste der drei Weihestufen, noch vor Priester und Bischof. Während in reformatorischen Kirchen auch Frauen ordiniert werden können, ist dies in der katholischen Kirche nicht möglich. Argumentiert wird damit, dass der Priester in Vertretung Jesu Christi handele und dieser nun mal ein Mann war und nur Männer zu Aposteln berufen habe. Dies ist aber in der Theologie längst umstritten. Diakone in der katholischen Kirche dürfen auch verheiratet sein und alles tun, was ein Priester darf – außer, die Eucharistie zu feiern und die Beichte abzunehmen.

Dass die Frage nach dem Diakoninnenamt nur offengelassen werde, sei zu zaghaft, räumt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, ein: „Nein, ich bin nicht damit zufrieden, aber es ist ein entscheidender Satz.“ Insgesamt habe es bei diesem Punkt Nr. 60 im Abschlussdokument die meisten Änderungsanträge gegeben. Der Paragraf bekam auch die meisten Gegenstimmen, nämlich 97. Sind Frauen aus Sicht der Kirche am Ende das größte Problem?

Die Einbindung von Laien sei nicht weit genug gegangen, sagen Kritiker

„Es gab den Versuch, den Zugang von Frauen zu Weiheämtern endgültig zu verschließen“, sagt Theologieprofessor Thomas Söding, der als theologischer Berater bei der Synode dabei war. „Damit kamen jene, die das wollten, aber nicht durch. Das Thema steht auf der Agenda, und es wird zu einem Ergebnis führen.“ Fragt sich nur, wann – seit mehreren Jahrzehnten wird die Angelegenheit von einer in die andere Prüfungsschleife gejagt.

Auch Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), hätte beim Diakonat der Frau gerne handfestere Ergebnisse gesehen: „Die Beteiligung von Laien, wie sie der Papst angeordnet hatte, hat die Gesprächskultur verändert und die Vielfalt der Welt stark gemacht“, sagt Stetter-Karp. „Aber sie ging nicht so weit, aus der unveräußerlichen Würde jedes Menschen auch eine konsequente Gleichrangigkeit der Geschlechter abzuleiten.“

Von diesem Mangel abgesehen wirken die deutschen Bischöfe, die ja durchaus schon unerfreulichere Aufenthalte in Rom hatten, fast beschwingt, als sie am Sonntag auf die von der Morgensonne beschienene Dachterrasse ihres Gästehauses treten. Hier hatten sie vier Wochen lang in einer bischöflichen Wohngemeinschaft gelebt. Fast vergessen ist der monatelange Streit mit der Kurie über den eigenen deutschen Reformprozess, den „Synodalen Weg“. Mehr noch: Die Deutschen spüren Rückenwind.

Wie die Ergebnisse in Kirchenrecht umgesetzt werden, ist noch unklar

Denn ziemlich viel von dem, was der Synodale Weg gefordert hat, steht nun im päpstlich approbierten Abschlussdokument. Allen voran die Forderung nach Laienbeteiligung in Entscheidungsprozessen, und zwar auf allen Ebenen der Kirche. Damit steht eigentlich auch dem Synodalen Rat, den deutsche Bischöfe und Laien gegen den Widerstand von einer Minderheit von vier Bischöfen weiterhin anstreben, nichts entgegen. Auch eine Rechenschaftspflicht von Bischöfen gegenüber dem Kirchenvolk ist so deutlich wie noch nie ausbuchstabiert.

Außerdem sollen die einzelnen Ortskirchen mehr Handlungsspielraum bekommen. Das heißt, dass die Kirche in einzelnen Ländern jeweils eigene Entscheidungen treffen könnte, ohne jedes Mal die Zustimmung Roms einholen zu müssen. Ausnahme: Fragen von dogmatischem oder moraltheologischem Charakter oder solche, die die Sakramente betreffen, sollen weiterhin zustimmungspflichtig sein.

Wie das aber am Ende alles in Kirchenrecht gegossen wird, ist noch unklar. Bätzing drängt zur Eile: Die Synodenbeschlüsse müssten nun rasch in rechtliche Strukturen gegossen werden, sonst drohten sie wieder verloren zu gehen. Der Passauer Bischof Stefan Oster nennt das Abschlussdokument hingegen „interpretationsoffen“. Oster gehört zu den Gegnern des Synodalen Rates in Deutschland. Dass der Papst das Dokument sofort veröffentlicht habe, mache den weiteren Umgang damit „richtig schwierig“. Die Zeit der Debatten, sie fängt wohl jetzt erst richtig an.

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