Über neue Formen der Zusammenarbeit in der katholischen Kirche berät die Weltsynode, die gerade ihre letzte Runde in Rom dreht. Für einen Monat tagen Bischöfe aus aller Welt mit anderen Gläubigen in der Audienzhalle neben dem Petersdom, fast jeden Tag treffen sich die 368 Mitglieder, darunter auch 45 Frauen, von morgens bis abends zur Aussprache an runden Tischen, flankiert von separaten Runden und vielen spontanen Gesprächen zwischendurch. Papst Franziskus, dessen Anliegen und Vermächtnis dieses Projekt unter dem Leitwort „Für eine synodale Kirche. Gemeinschaft, Teilhabe, Mission“ darstellt, ist fast immer dabei, sitzend am Leitungstisch der Synode, ein bisschen erhöht, aber immerhin mittendrin.
Bewusst unterscheidet sich diese Choreografie von früheren Bischofssynoden, in denen die Chefs vorn und die Bischöfe in Reih und Glied saßen. Und auch der Umstand, dass zu dieser Synode nicht nur hohe Würdenträger der Kirche eingeladen wurden, sondern auch Laien und eben auch ein Achtel Frauen, soll die Reformbereitschaft des Jesuiten aus Argentinien beweisen, der nicht so staatstragend und dogmatisch daherkommt wie viele seiner Vorgänger. Entsprechend groß waren die Erwartungen derjenigen, die die Kirche reformieren, und ja: demokratischer machen wollen. Diese Erwartungen verlieren allerdings langsam, aber sicher an Kraft, aus Hoffnung wird Frust.
Das war 2021 noch anders, als das große Vorhaben begann, und selbst noch vor genau einem Jahr, als die erste einmonatige Generalversammlung im Vatikan stattfand. Schon damals allerdings erhielten die Hoffnungen einen Dämpfer: Es kamen bei der offenen Aussprache alle Positionen zu Wort, auch die Reformer, die maßgeblich aus Deutschland kommen, durften für ihre Anliegen werben, aber die Hardliner hielten stramm dagegen, die die Kirche so autoritär und männlich dominiert erhalten wollen wie bisher; der Papst selbst ließ sich nicht in die Karten gucken.
Was vom Schlussdokument umgesetzt wird, bestimmt das Kirchenoberhaupt allein
Ein Jahr später, in der finalen Runde, würde es konkreter werden, so die Hoffnung mancher Reformer, wenn die Synode über das Abschlussdokument entscheiden würde. Wobei „entscheiden“ definitiv nicht das richtige Wort ist: Denn das Schlussdokument kann alles sein, aber nicht verbindlich. Was davon umgesetzt wird, darüber entscheidet nach Kirchenrecht allein der Mann, der dieses Projekt der Mitbestimmung eigentlich erfunden hat. Und Papst Franziskus, man muss das so deutlich sagen, lässt derzeit kaum eine Gelegenheit aus, um klarzumachen, dass er der absolute Herrscher in der katholischen Kirche ist.
Das begann schon damit, dass er im Frühjahr die größten Streitpunkte in zehn Arbeitsgruppen auslagern ließ, die parallel zur Synode und bis 2025 tagen werden. Damit hat er diese Themen der Synodalversammlung entzogen. Das hat für großen Unmut gesorgt, erst recht, als seine Abgesandten jetzt noch eins draufsetzten: Ausgerechnet die Rolle der Frau und die Frage, ob sie – so der Wunsch namentlich der deutschen katholischen Kirche – wenigstens für den Diakonatsdienst zugelassen werden, wurde in einer Information an die Synodalversammlung als bereits abgelehnt erklärt. Die Glaubenskongregation werde dazu übrigens, wurde beiläufig mitgeteilt, demnächst eine Entscheidung verkünden. Da fragten sich nicht nur Deutsche: „Warum sind wir überhaupt hier?“
Etwas diplomatischer formulierte es Pfarrer Thomas Schwartz, Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis und nicht stimmberechtigter Teilnehmer bei der Weltsynode, der mit seinem Blog „Schwartz auf Weiß“ die Gespräche begleitet. Seine dort geschilderten Erlebnisse und Eindrücke verraten einiges über die Abläufe, die ansonsten vertraulich sind. Schwartz ist ein kenntnisreicher und einflussreicher Mann, dessen Hilfswerk seit 1993 mit vielen Millionen Euro zur Erneuerung von Kirchen und Gesellschaften in 29 Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas beigetragen hat.
Zur Rolle der Frau in der kirchlichen Hierarchie wird auf absehbare Zeit nichts entschieden
Nachdem sein erster Blogbeitrag noch recht begeistert klang ob der konstruktiven Atmosphäre, transportierte er schon wenige Tage später „eine gewisse Ernüchterung“. Er rieb sich namentlich an den präsentierten Zwischenberichten der Arbeitsgruppen. „Schöne Filmchen mit herrlichen Landschaften, hübschen Blumen, lachenden Gesichtern, betenden Menschen“ – das sei alles professionell gemacht, aber kein Bericht an die Synodalversammlung, nicht mal ein „Zwischenbericht“. Und recht konsterniert war Schwartz offenbar, als ein Vatikan-Vertreter zur Rolle der Frau in der Hierarchie verkündete, dass der Heilige Vater eigentlich schon klargemacht habe, dass es hierzu auf absehbare Zeit keine Entscheidung geben werde. „Da fühlte ich mich schon irgendwie wie ein begossener Pudel“, notiert Schwartz.
Zwei Tage später hatte er schon wieder bessere Laune und lobte die Weisheit der Synodenleitung, die auf allgemeinen Unmut reagiert und nun für den 18. Oktober einen „Austausch“ der Synodalen mit den Beteiligten der Arbeitsgruppen angesetzt hat. Allerdings sollen diese Treffen an verschiedene Orte in der Nähe des Vatikans ausgelagert werden. So kann wunderbar vermieden werden, dass es doch noch zu harten Diskussionen im Rahmen der Synode selbst kommt, die die Versammlung sprengen könnten.
Ein anderes Beispiel für seinen Eigensinn lieferte Papst Franziskus am Sonntag. Beim traditionellen Angelus-Gebet auf dem Petersplatz teilte er völlig überraschend die Ernennung von 21 neuen Kardinälen mit – ohne jede Absprache, selbst Berufene waren offenbar vorher nicht informiert worden. Der alte und kranke Papst bereitet seine Nachfolge vor, auch wenn sich der 87-Jährige nach Auskunft von Teilnehmern dieser Tage vergleichsweise frisch präsentiert, womöglich noch beseelt von seiner Reise nach Asien im September, wo ihm Millionen Gläubige gehuldigt hatten.
20 der 21 neuen Kardinäle sind, weil jünger als 80 Jahre, beim nächsten Konklave stimmberechtigt, dessen Teilnehmerzahl steigt damit auf 141. Erneut und wie so oft bei Franziskus ist kein Deutscher unter den Berufenen, die ohnehin nur noch sechs Kardinäle stellen, von den gerade mal drei jung genug sind, den nächsten Papst mitwählen zu dürfen.
Auch bei der Synode haben die Deutschen formal an Gewicht verloren, so gibt es keine Deutsch sprechende Gruppe mehr. Das sei doch gar nicht schlecht so, versichern Synoden-Teilnehmer tapfer, damit könnten sie in jeweils anderen Sprachgruppen noch besser für ihre Anliegen werben. Dabei würden sie, heißt es, durchaus auf Sympathie stoßen, gelegentlich sogar in afrikanischen und asiatischen Kreisen, die doch als besonders konservativ gelten. Man wird sehen, was davon sich nach dem 27. Oktober im Abschlussdokument widerspiegelt.