Vatikan:Franziskus fördert die Frauen

Vatikan: Papst Franziskus in Rom

Doch noch ein Erneuerer: Papst Franziskus hatte die neue Verfassung schon zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt.

(Foto: Tiziana Fabi/AFP)

Die neue Verfassung des Vatikans sieht vor, dass auch Frauen fast in allen, neu sortierten Ministerien der römischen Kurie die Leitung übernehmen können.

Von Oliver Meiler, Rom

Völlig überraschend hat der Vatikan am Wochenende seine lang erwartete, oft verschobene und viel diskutierte neue Verfassung veröffentlicht - 250 Artikel auf 54 Seiten. Sie heißt "Praedicate Evangelium", lateinisch für "Verkündigt das Evangelium", und löst die Apostolische Konstitution "Pastor Bonus", "Guter Hirte", von Papst Johannes Paul II. aus dem Jahr 1988 ab. Franziskus hat sie bereits veröffentlicht, am kommenden 5. Juni, Pfingstsonntag, wird sie in Kraft treten. Unter Vatikanexperten gilt sie wahlweise als "Revolution", "Kehrtwende", mindestens aber als "Erneuerung".

Im Zentrum steht eine Fokussierung auf neue Prioritäten, die das Handeln der römischen Kurie leiten sollen. Am meisten scheint dem argentinischen Papst die Evangelisierung am Herzen zu liegen. Zwei Institutionen der kirchlichen Regierung werden nun in ein einziges Amt überführt, nämlich die Missionskongregation und der Päpstliche Rat für die Neuevangelisierung. Neu firmiert das Ministerium für die Evangelisierung als sogenanntes Dikasterium (so nennt man die Ämter der römischen Kurie) wie alle anderen Hauptbehörden außer dem Staatssekretariat auch - und es steht in der Reihenfolge der aufgeführten Dikasterien ganz oben, noch vor der bisherigen Glaubenskongregation. Die Verkündung des Evangeliums steht in Zukunft also vor dem Sinnieren über die eigene Doktrin. Die Kirche müsse sich "missionarisch bekehren", heißt es in der Präambel. Und der Papst macht das zur Chefsache: Er wird dem neuen Dikasterium als Präfekt persönlich vorstehen.

Alles plötzlich offen, für Laien und Frauen

In der Hierarchie der Ämter steht in Zukunft an dritter Stelle das neu geschaffene Dikasterium für den Dienst der Nächstenliebe. Damit wird das bisherige Apostolische Almosenamt aufgewertet zu einem kurialen Ministerium, was wohl dem Bemühen genügen soll, die katholische Kirche nach einer Serie von Finanzskandalen auch formal wieder als Kirche im Dienst der Armen und Bedürftigen zu positionieren. Die Kommission für den Schutz Minderjähriger soll unabhängig bleiben, mit eigenem Präsidenten und Sekretär, jedoch beim Dikasterium für die Glaubenslehre angesiedelt werden.

Am meisten zu reden gibt der Beschluss, dass Frauen in der vatikanischen Regierung fast überall Posten bis ganz hinauf bekleiden können, wenn sie denn katholisch sind, gläubig und geeignet für die Funktion. Ausgenommen sind die Dikasterien für Bischöfe und für den Klerus, was in der Logik der Sache liegt: Wenn Frauen in der katholischen Kirche schon nicht Priesterinnen und Bischöfinnen werden können, wäre es vielleicht etwas absurd, sie würden diese Ministerien führen. Aber sonst? Alles offen, für Laien und Frauen. Unter Franziskus hat es schon etliche Beförderungen von Frauen in wichtige Positionen gegeben, das neue Grundgesetz vollzieht bei den Regierungsjobs nun aber eine Formalisierung.

Als Franziskus im März 2013 Papst wurde, versprach er eine Reform der Kurie. Er berief dafür einen Kardinalsrat ein, der auch als K-9 bekannt wurde, weil er zu Beginn neun Mitglieder zählte. Doch dann wurde der Prozess ständig gebremst, so oft, dass sich Franziskus' Kritiker bestätigt fühlten in ihrem Urteil, der Papst meine es gar nicht so ernst mit seinem Erneuerungsdrang. Bis jetzt.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusBenedikt XVI. über Missbrauch
:Schuld sind die anderen

Ein Aufsatz von 2019 gibt verstörende Einblicke in die Gedankenwelt von Joseph Ratzinger: Die von den 68ern erkämpfte sexuelle Freiheit sei für den Missbrauch verantwortlich - und der Teufel.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: