Süddeutsche Zeitung

Vatikan:Päpstliche Abfuhr

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Papst Franziskus spricht sich gegen freiwilligen Zölibat aus. Dennoch überlegt er, erfahrene, verheiratete Männer in Ausnahmefällen zu Priestern zu weihen.

Von Matthias Drobinski, München

Papst Franziskus denkt offenbar darüber nach, erfahrene, verheiratete Männer, sogenannte "Viri probati", in Ausnahmefällen zu Priestern zu weihen, um dem Priestermangel in einigen Regionen der katholischen Weltkirche zu begegnen. "Wir müssen darüber nachdenken, ob Viri probati eine Möglichkeit sind", sagte er der Wochenzeitung Die Zeit, "dann müssen wir auch bestimmen, welche Aufgaben sie übernehmen können, zum Beispiel in weit entlegenen Gemeinden." Eine Absage erteilte der Papst der Idee, den Pflichtzölibat abzuschaffen und es den Priestern zu überlassen, ob sie ehelos leben wollen: "Der freiwillige Zölibat ist keine Lösung", sagte er. Skeptisch zeigte sich Franziskus auch bei der Frage, ob Frauen zum Diakonat zugelassen werden sollten; über diese Frage berät gerade eine Kommission im Vatikan. Er werde sich aber bei der nächsten Sitzung über den Stand der Debatte informieren.

Skeptisch zeigt er sich im Interview auch, wenn es um Frauen im Diakonat geht

Das Papst-Interview mit Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo ist das erste mit einem deutschen Journalisten. In dem Gespräch wiederholte Franziskus seine Aussage, dass "die ganze Welt sich im Krieg" befinde; "ein ganzes Netzwerk von Waffenfabrikanten hält ihn am Laufen." Besorgt zeigte er sich auch über den gewachsenen Populismus in Europa. Populismus bedeute, "das Volk zu benutzen"; er brauche "immer einen Messias. Und auch eine Rechtfertigung: Wir bewahren die Identität eines Volkes!" Über sich selber sagte der Papst, er kenne Glaubenskrisen und "auch die leeren Momente" - "ein Glaube, der nicht in die Krise gerät, um an ihr zu wachsen, bleibt infantil." Der Glaube werde erst "durch die Krise erwachsen". Er selber fühle sich "als ganz normaler Mensch, der tut, was er kann", sagte er und fügte hinzu: "Und wenn jemand wer weiß was über mich sagt, dann tut mir das nicht gut."

An vielen Stellen des Gesprächs blieb Franziskus unbestimmt - so auch bei der Frage, ob er zum Reformationsjahr 2017 nach Deutschland kommt. "Es wird schwierig in diesem Jahr, der Terminkalender ist sehr voll", sagte er, und auf die Nachfrage ob das auch für 2018 gelte: "Ich weiß es noch nicht, noch ist nichts dergleichen geplant."

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Quelle:
SZ vom 09.03.2017
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