Italien:Die rebellischen Nonnen

Italien: Die 13 Benediktinerinnen, die im Kloster in Pienza leben, haben es augenscheinlich gut getroffen.

Die 13 Benediktinerinnen, die im Kloster in Pienza leben, haben es augenscheinlich gut getroffen.

(Foto: Michelangelo Oprandi/IMAGO/CHROMORANGE)

Zwischen Facebook und Vatikan: In der Toskana wehrt sich ein ganzes Schwesternkloster gegen die Absetzung seiner Äbtissin.

Von Marc Beise, Rom

Idyllisch liegt das Örtchen Pienza im Val d'Orcia, fast mittig zwischen Montepulciano und Montalcino. Namen, die die Toskana-Fraktion kennt und der Liebhaber italienischer Rotweine sowieso. Die 13 Benediktinerinnen, die hier im Kloster "Maria Tempio dello Spirito Santo" leben, blicken von der Terrasse weit in die leichte Hügellandschaft, sie haben es offensichtlich gut getroffen, zumal sie bereits ein bewegtes Leben hinter sich haben.

Ursprünglich kommen die 13 aus einem größeren Kloster in Umbrien, das beim Erdbeben im Jahr 2016 beschädigt wurde, weshalb man einen Teil der Belegschaft vorübergehend in die Niederlande versetzte. Zurück in Italien sollten sie wieder zur Ruhe kommen dürfen, sich ganz auf die Pflichten des zurückgezogenen Klosterlebens konzentrieren, und das wäre gottgefällig und auch im Sinne der Kirchenhierarchie, deren Fäden 2oo Straßenkilometer oder zweieinhalb Stunden Autofahrt weiter südlich zusammenlaufen: im Vatikan.

200 Kilometer können kurz werden, wenn man so ungewöhnliche Dinge tut wie diese Nonnen. Sie sind nämlich bemerkenswert gastfreundlich, und was soll man sagen, auch kontaktfreudig. Besucher loben ihre offene Art, immer ein Lächeln auf den Lippen und bereit, ihre Welt zu zeigen. Sie veranstalteten, angeblich unangemeldet, Flohmärkte und verkauften Kerzen, Lebensmittel und andere gute Dinge.

Mehr noch: Sie haben einen hübsch anzusehenden Internetauftritt mit Bildern ihres Alltags gestaltet, sind bei Facebook am Start und werben offensiv um Besucher. 2019 veröffentlichten sie einen Aufruf an junge Menschen "im Alter von 18 bis 38 Jahren, eine neue Erfahrung zu machen und unser tägliches Leben zu teilen". Und das auch noch kostenlos: "Wir kümmern uns um alles."

Wem genau daran was missfiel, weiß man nicht, den Bürgern des Ortes, konkurrierenden Händlern, den anderen strenger reglementierten Benediktinerklöstern der Region - die Kirche ist verschwiegen, aber so viel ist klar: Der Vatikan wurde aufmerksam, und jetzt gibt es Krach. Bereits im vergangenen Jahr wurde ein Apostolischer Delegat ins Val d'Orcia entsandt, um das Treiben der Schwestern zu überprüfen. Nun liegt das Ergebnis vor, und es bricht den Stab über sie. Es ist von eindeutigen Verstößen gegen Kirchenrecht und Klosterordnung die Rede, Äbtissin Diletta Forzi wurde des Amtes enthoben und in den Norden Italiens versetzt. Die aber ist offensichtlich eine resolute Person, eine ehemalige Försterin, und sie leistet Widerstand.

Der offiziellen Erklärung des Bistums, die bei den tatsächlichen Vorhaltungen ein wenig nebulös ist, setzten die Nonnen von Pienza eine Erklärung entgegen, in der sie dem örtlichen Bischof schlichtweg die Kompetenz absprachen, Entscheidungen des Heiligen Stuhls auszulegen. Als Benediktinerinnen unterstünden sie unmittelbar dem Vatikan; dort wollen sie jetzt in Berufung gehen. Damit aber hat das Thema die Öffentlichkeit erreicht, die Lokalmedien berichten, erste Solidaritätsadressen laufen ein, und die Aufmerksamkeit landesweit wächst.

Die Nonnen aber, hört man, tun erst mal das, was von ihnen erwartet wird: Sie haben sich ins Kloster zurückgezogen und beten.

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