Der deutsche Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller hat gemeinsam mit anderen konservativen Geistlichen und Intellektuellen einen "Aufruf für die Kirche und für die Welt an Katholiken und alle Menschen guten Willens" unterzeichnet, in dem unter anderem die Ansteckungsgefahr von Covid-19 angezweifelt wird.
Die Unterzeichner beklagen, dass "unter dem Vorwand der Covid-19-Epidemie" Bürgerrechte wie das Recht auf Religionsfreiheit und freie Meinungsäußerung eingeschränkt würden. Im Stile von Verschwörungstheoretikern unken sie von Kräften, die daran interessiert seien, in der Bevölkerung Panik zu erzeugen, um damit "dauerhaft Formen inakzeptabler Freiheitsbegrenzung und der damit verbundenen Kontrolle über Personen und der Verfolgung all ihrer Bewegungen" durchzusetzen. Dies sei der Auftakt zur "Schaffung einer Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht". Zudem warnen sie - ohne Belege zu nennen - davor, sich "mit Impfstoffen behandeln zu lassen, zu deren Herstellung Material von abgetriebenen Föten verwendet" werde.
Initiator des Aufrufs ist Carlos Maria Viganò, einst Apostolischer Nuntius in den USA und ausgewiesener Gegner von Papst Franziskus. Der Präfekt der Gottesdienstkongregation, Kardinal Robert Sarah, betonte am Freitag auf Twitter, er teile zwar die "Sorgen" des Appells, habe diesen aber nicht unterzeichnet. Sarah und Müller hatten bereits die Gottesdienstverbote scharf kritisiert. Papst Franziskus hingegen hatte die italienischen Bischöfe zu Vorsicht aufgerufen.
Scharfe Kritik an dem Aufruf kam vom Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer. "Kardinal Müller und diejenigen, die mit ihm diesen Aufruf unterzeichnet haben, entblößen sich selbst" schreibt Pfeffer auf Facebook. Er sei "fassungslos, was da im Namen von Kirche und Christentum verbreitet wird". Der Aufruf enthalte "krude Verschwörungstheorien ohne Fakten und Belege, verbunden mit einer rechtspopulistischen Kampf-Rhetorik". Pfeffer forderte: "Dem muss widersprochen werden!" Mit der christlichen Lehre hätten "derart wirre Thesen, die Ängste schüren, Schwarz-Weiß-Denken verfolgen", nichts zu tun.