Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:"Zweifel und Verwirrung unter dem Volk Gottes"

Scharfe Kritik am Synodalen Weg: Der Vatikan veröffentlicht die Stellungnahmen zweier Kurienkardinäle zu der deutschen katholischen Reformdebatte.

Von Annette Zoch

Diese Worte bleiben üblicherweise hinter den fest verschlossenen Türen des Vatikans, doch nun sind sie für alle Welt nachzulesen: Der Heilige Stuhl hat am Donnerstagnachmittag die Reden der Kurienkardinäle Luis Ladaria und Marc Ouellet beim Besuch der deutschen Bischöfe am vergangenen Freitag in Rom veröffentlicht, in mehreren Sprachen.

So viel transparente Kommunikation ist ungewöhnlich für den Vatikan

So viel transparente Kommunikation ist ungewöhnlich für den Vatikan, und man könnte das als ersten kleinen Erfolg des deutschen Synodalen Wegs werten: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, hatte seinen Vortrag bereits am Samstag öffentlich gemacht.

Der Synodale Weg, diese in Rom hoch umstrittene Reformdebatte zwischen Klerikern und Laien, war zentrales Thema des mehrstündigen Treffens vor gut einer Woche. Dass die Kurienkardinäle den deutschen Bischöfen dabei die Leviten gelesen haben, war bereits zu vernehmen - doch nun, schwarz auf weiß, wirkt die Kritik umso deutlicher.

Der Synodale Weg verletze "die Gemeinschaft der Kirche", "weil er Zweifel und Verwirrung unter dem Volk Gottes sät", sagte laut Redemanuskript der 78-jährige Kanadier Ouellet und forderte ein Moratorium, also ein vorläufiges Aussetzen der Reformdebatte. Diesen Vorstoß hatten die deutschen Bischöfe erfolgreich abgewehrt.

Ouellet sagte weiter, viele Kritiker des Synodalen Wegs fürchteten ein Schisma, eine Kirchenspaltung. "Die Zugeständnisse, die in Ihren Vorschlägen auftauchen, wurden Ihnen sozusagen durch den sehr starken kulturellen und medialen Druck abgerungen." Es sei auffällig, dass "die Agenda einer begrenzten Gruppe von Theologen von vor einigen Jahrzehnten plötzlich zum Mehrheitsvorschlag des deutschen Episkopats geworden ist".

Der Missbrauchsskandal werde instrumentalisiert, argumentierte Ouellet weiter: "Es fällt schwer, sich des Eindrucks zu erwehren, dass die äußerst gravierende Angelegenheit der Missbrauchsfälle ausgenutzt wurde, um andere Ideen durchzusetzen, die nicht unmittelbar damit zusammenhängen."

Auch der oberste römische Glaubenshüter, der 78-jährige Spanier Luis Ladaria, machte zahlreiche Bedenken geltend. Scharf kritisierte er die Synodaltexte über die katholische Sexuallehre: Sie erweckten den Eindruck, als ob auf diesem Gebiet der kirchlichen Lehre alles geändert werden müsse.

Der Synodale Weg reduziere die Kirche auf eine "bloße Machtinstitution"

Ladaria wies auch die Behauptung zurück, die Würde der Frauen würde verletzt, weil sie nicht Priester werden dürfen, und zitierte Johannes Paul II.: "Der entscheidende Punkt ist nicht, dass Frauen in der katholischen Kirche nicht zum Priester geweiht werden können; der Punkt ist, dass man die Wahrheit akzeptieren muss, dass ,die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden'", sagte er.

Ladaria räumte zwar ein, dass viele Menschen sich von den Bischöfen "verraten" fühlten, und lobte die deutsche katholische Kirche für ihre Bemühungen in der Prävention von Missbrauch. Er übte aber Kritik am Kirchenbild des Synodalen Wegs, dieser reduziere die Kirche auf eine "bloße Machtinstitution" oder eine "strukturell Missbrauch hervorbringende Organisation".

Ladaria verteidigte die kirchliche Hierarchie: Die Kirche sei eine "geordnete Gemeinschaft", die auf ein Haupt, auf Petrus, gegründet sei. Die Bischöfe als Nachfolger der Apostel seien deshalb dazu befugt, das Lehramt zu verkünden. "Es ist daher nicht möglich, diese heikle und entscheidende Aufgabe im Leben der katholischen Kirche mit anderen Ämtern in der Kirche gleichzusetzen, wie zum Beispiel mit denen der Theologen."

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