Diesmal erstrahlte der Petersdom nicht nur in den Farben der Gardistenuniformen und der Gewänder von Bischöfen und Kardinälen, die schon allein sehr bunt sind. In den hinteren Reihen fielen auch Kopfschmuck in ungewohnten Farbvariationen auf, Gesichtsbemalungen, Batikkleider: Tupfer aus einer fernen Welt, die nun für drei Wochen im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen soll. So jedenfalls wäre es dem Papst lieb, der am Sonntag mit seiner Messe eine dreiwöchige Sondersynode eröffnete. Sie trägt den etwas umständlichen Titel "Amazonien: neue Wege für die Kirche und eine gesamtheitliche Ökologie".
Die Konservativen im Vatikan warnen vor einer Aufweichung des Zölibats
Die Teilnehmer sollen über Wege beraten, wie einerseits der Regenwald, die "grüne Lunge des Planeten", vor der Zerstörung gerettet werden kann und andererseits die politischen wie die spirituellen Rechte indigener Völker in den zugehörigen neun Länder besser geschützt werden können. Ihre Erkenntnisse fließen dann in ein Schlussdokument, das dem Papst unterbreitet wird. Es hat keine Bindewirkung. Franziskus sprach nun vom "Feuer Gottes", das erneuere und zusammenbringe, während das "Feuer der Menschen" nur verbrenne. Er erinnerte dabei an die Brandrodungen im August, sie würden "zerstörerischen Interessen" dienen: "Gott bewahre uns vor der Gier neuer Kolonialismen!"
Die Kirche sei nicht im Status Quo gefangen, sagte der Papst, sie dürfe nicht zaghaft sein: "Sie ist immer unterwegs." Die Worte hörten sich wie ein Aufruf zu Reformen an. Sie galten auch seinen internen Kritikern, zu denen einige hohe Würdenträger gehören. Sie werfen dem Papst vor, er benutze diese Synode dafür, die Rolle der Frau neu zu justieren und das Zölibat aufzuweichen. Tatsächlich ist vorgesehen, dass in den kommenden Wochen auch darüber gesprochen wird, ob in entlegenen Gebieten Amazoniens, wo die Kirche Personalnöte plagen, in Zukunft auch "Viri probati" zu Priestern geweiht werden können: Gemeint sind betagte, angesehene Familienväter mit ausgewiesenem Glauben. Für Franziskus' Rivalen ist allein das Ansinnen häretisch, sie drohen mit einem Schisma.
Am Samstag hat der Papst dreizehn neue Kardinäle ernannt, die das Gewicht der Opposition weiter eindämmen dürften. Zehn von ihnen sind noch nicht 80 Jahre alt und wären damit beim nächsten Konklave wahlberechtigt, so denn bald eine Papstwahl fällig würde. Mit diesem neuerlichen Konsistorium hat Franziskus nun 67 stimmberechtigte "Prinzen der Kirche" bestimmt, wie die Purpurträger auch genannt werden - bei insgesamt 128. Die "Bergoglianer" sind im Wahlgremium nun also erstmals in der Mehrheit. Von den Kardinälen, die Franziskus' Vorvorgänger Johannes Paul II. berief, sind bald nur noch elf wahlberechtigt. Aus den Reihen jener, die Benedikt XVI. ernannte, sind es 43.
Wie bei jedem Papst, der eine Weile regiert hat, heißt es nun auch bei Franziskus, er sorge mit seiner Personalpolitik für eine Fortsetzung seines Vermächtnisses. Und natürlich ist diese Sicht unter seinen Kritikern besonders verbreitet. Unbestreitbar ist, dass der Argentinier die Zusammensetzung des Kardinalskollegium in den vergangenen Jahren stark geprägt hat. Es ist nun weniger eurozentrisch, dafür universalistischer, auch asiatischer und afrikanischer. Dazu ist die Zahl jener Kardinäle gewachsen, die aus der Missionsarbeit kommen und Bergoglios Bekenntnis spiegeln, an die "Peripherie" gehen zu wollen, die geografische wie die existenzielle.
In Italien, das jetzt mit 23 Kardinälen fünf Wahlmänner weniger stellt als beim Konklave von 2013, wird die Ernennung des Erzbischofs von Bologna wie ein politisch relevantes Ereignis begangen: Der Römer Matteo Maria Zuppi, 63 Jahre alt, war im Dienst der katholischen Laiengemeinschaft Sant'Egidio groß geworden und hat sich jahrzehntelang für Arme und Migranten in den römischen Vorstädten eingesetzt. In jüngerer Vergangenheit geriet Zuppi oft mit der italienischen Rechten aneinander, zumal mit der Lega von Matteo Salvini. Er gilt nun als Idealtypus des bergoglianischen Kardinals - und als möglicher Anwärter auf die Nachfolge.