Der Vater des NSU-Terroristen Uwe Mundlos hat den Verfassungsschutz beschuldigt, für den Aufbau der rechten Szene in Thüringen verantwortlich gewesen zu sein. "Man könnte fast sagen: Sie haben eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme betrieben", sagte Siegfried Mundlos am Montag vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags in Erfurt.
Er verwies auf den V-Mann Tino Brandt, der damals eine Führungsfigur der Neonazi-Gruppe "Thüringer Heimatschutz" (THS) war. Die NSU-Terroristen gehörten dem THS an, bevor sie 1998 abtauchten.
Der Vater von Mundlos, ein pensionierter Informatik-Professor, präsentiert auch eine Theorie zum gemeinsamen Untertauchen seines Sohnes mit Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt. Sie läuft darauf hinaus, dass die Behörden Böhnhardt, der eine Haftstrafe antreten sollte, als Spitzel angeworben hätten: "Lieber in den Untergrund zum Spitzeln als in den Knast", sagt Siegfried Mundlos. Die Ausschussvorsitzende Dorothea Marx (SPD) macht deutlich, dass dies kein Faktum, sondern nur eine Vermutung des Vaters sei.
Der 66-Jährige geht auch auf eine Kontaktliste seines Sohnes ein, die Ermittler bei einer Razzia 1998 gefunden hatten. Auf der Liste hatte Uwe Mundlos die Namen und Telefonnummern etlicher brauner Kameraden notiert. Der Vater verwies darauf, dass auf dieser Liste auch mehrere Neonazis standen, die als Spitzel für die Behörden tätig waren, wie man mittlerweile wisse: "Das ist kein NSU-Netz, das ist ein Verfassungsschutz-Netz", sagt Siegfried Mundlos.
Die Untersuchungsausschüsse des Bundestags und der Landtage haben bisher keinen Beleg dafür gefunden, dass jemand aus dem Trio Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt eine V-Person gewesen ist. Auch von den Behörden wird dies vehement dementiert. Dennoch ist diese These weiter im Umlauf, und sie tauchte auch schon kurz nach dem Untertauchen des Trios auf.
Dabei spielen wiederum Aussagen des Vaters von Uwe Mundlos eine Rolle. Er erzählte damals einem Fahnder von einem anonymen Brief, in dem Beate Zschäpe bezichtigt worden sei, ein Spitzel zu sein. "Ich habe das gleichzeitig als Warnung empfunden", sagt Siegfried Mundlos vor dem Ausschuss. Den Brief habe er allerdings damals weggeworfen. "Das hat doch keinen Beweiswert." Die Ermittler bekamen das Schreiben nie zu Gesicht.
Siegfried Mundlos redet schnell, es sprudelt aus ihm heraus. Er wirkt wie jemand, der eine Mission hat. Ein Versagen beim NSU sieht er offenbar vor allem auf Seiten des Staates: "Ich werde alles daran setzen, um diese Schweinerei, diese Schreibtischtäter aufzudecken."
Nie Kontakt zu seinem Sohn
Der Vater berichtet, dass es in all den Jahren, in denen das Trio im Untergrund lebte, nie einen Kontakt zu seinem Sohn gegeben habe. Die Eltern von Uwe Böhnhardt hatten sich dagegen heimlich ein paar Mal mit dem Trio getroffen.
Vor Siegfried Mundlos trat als Zeuge ein ehemaliger Mitarbeiter des Thüringer Landeskriminalamts (LKA) auf. Peter Werner war 1998 als Abteilungsleiter für die Zielfahnder zuständig, die Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe finden sollten. Werner sagte, sein Erinnerungsvermögen an den Fall sei leider "suboptimal". Nach seiner Darstellung war er auch kaum mit dem untergetauchten Trio befasst. Kontakte zum Verfassungsschutz seien ihm auch nicht bewusst.
Der Zeuge hinterließ den Eindruck, als habe er damals seine Mitarbeiter machen lassen und sich selbst nicht um die Suche nach dem Trio gekümmert. "Ich hatte auch keinen Grund, mich da reinzuhängen." Einige Monate nach der Flucht des Trios übernahm Werner, den ein anderer Zeuge mal als "graue Eminenz des LKA" bezeichnet hat, bereits eine andere Abteilung. Er sei dann nicht mehr mit der Suche nach dem Trio betraut gewesen.