V-Mann Peter Urbach soll tot sein:Genau das Stückchen Arbeiterklasse

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Peter Urbach soll in Kalifornien gestorben sein. Der V-Mann und Agent provocateur besorgte der ersten Generation der RAF Waffen und Equipment. Aus historischer Perspektive müsste der Berliner Verfassungsschutz als Pate der Roten-Armee-Fraktion gelten.

Willi Winkler

Wenn es wirklich wahr ist, fand sich im Frühjahr 1970 ein verwirrtes Häuflein Bürgerkinder zusammen, gab sich den Namen Rote-Armee-Fraktion (RAF) und erklärte der Bundesrepublik Deutschland den Krieg. Das Dutzend Terroristen konnte sich auf viele Helfer und noch mehr klammheimliche Sympathisanten stützen, weshalb ihrem mörderischen Treiben erst in den neunziger Jahren ein Ende zu machen war.

Der Verfassungsschutz als Pate der Terroristen: Peter Urbach und Fritz Teufel (r.) 1968 bei einem Prozess am Amtsgericht Tiergarten in Berlin. Links der Verteidiger Otto Schily. (Foto: dpa)

Die RAF war, wie allgemein bekannt, auf weitere Unterstützer angewiesen. Sie kollaborierte mit internationalen Terrorgruppen, vor allem mit der palästinensischen PFLP, und nicht zuletzt half ihr die Staatssicherheit der DDR, die Anfang der Achtziger zehn Aussteigern politisches Asyl und eine neue Identität bot.

Weniger bekannt ist die Unterstützung, die die erst im Entstehen begriffene Untergrundarmee durch den Berliner Innensenator Kurt Neubauer (SPD) erfuhr. Der sah in den rebellischen Studenten um Rudi Dutschke ein so großes Ärgernis, dass er sie nach klassischer Polizeikunst zu unterwandern suchte.

Sein Trumpf war der aus der DDR geflohene Klempner Peter Urbach. Als Ehrenproletarier fand der ohne weiteres Aufnahme im Kreis der weit besser situierten Kommunarden und Aktivisten. Urbach beschaffte seinen neuen Freunden nicht nur Drogen, sondern sorgte auch dafür, dass sich die bis dahin noch nicht militante Bewegung bewaffnen konnte. Die Lieferwagen, die am Gründonnerstag 1968 vor Axel Springers Pressehaus brannten durch die Molotowcocktails, die Urbach angeliefert hatte.

Urbach war es auch, der dem RAF-Gründer Horst Mahler die erste Waffe beschaffte, und zwar nachdem der Antrag des Anwalts auf einen Waffenschein von der Innenbehörde abgelehnt worden war.

Der Agent provocateur flog erst auf, als er vorgab, Andreas Baader an ein Waffen-versteck führen zu können. Die Polizei war gewarnt und nahm Baader fest. Seine gewaltsame Befreiung durch Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof am 14. Mai 1970 gilt als Gründungsdatum der RAF.

In historischer Perspektive müsste der Berliner Verfassungsschutz zumindest als Pate dieser terroristischen Vereinigung betrachtet werden, denn ohne die Starthilfe durch Senator Neubauer und die staatlich geförderte Tatkraft seines Agenten Urbach wäre die RAF womöglich gar nicht entstanden.

"Rainer, wenn du wüsstest!"

Der Kommunarde Fritz Teufel, der mit Urbach einen Stinkbombenanschlag auf ein Kino unternahm, erkannte wenigstens im Rückblick die Blödheit von ihm und den Seinen: "Peter Urbach, der Verfassungsschützer in der Maske des antiautoritär-maoistischen Reichsbahners, war genau der Tüp Arbeiter, (das Stückchen Arbeiterklasse) auf das wir blöden SDS- und Kommunestudenten damals scharf waren."

Jetzt meldet der Spiegel, dass Urbach bereits im vorigen Mai in Kalifornien gestorben sein soll. Der V-Mann wurde nach der Festnahme Baaders aus der Szene abgezogen. Ein einziges Mal erschien er noch in der Öffentlichkeit, als nämlich gegen das bereits verhaftete RAF-Mitglied Mahler verhandelt wurde. Mahlers Anwalt Otto Schily versuchte den Zeugen Urbach über seinen Auftrag auszuholen, Details zu erfahren, wie Neubauer es gelungen war, die ihm so verhasste linke Szene zu kriminalisieren, doch der Zeuge wusste nichts zu sagen. Er beantwortete keine einzige der Fragen, die Schily an ihn richtete, und berief sich auf die Anweisung seines Arbeitgebers..

Urbach wurde vom Verfassungsschutz mit Geld und einer neuen Identität versehen und verschwand ins Ausland. Vor vielleicht zehn Jahren versuchte Rainer Langhans über das Bundesamt für Verfassungsschutz Kontakt zum untergetauchten Spitzel aufzunehmen. Der sagte am Telefon nur: "Rainer, wenn du wüsstest!"

Ja, man wüsste gern mehr, zum Beispiel darüber, wie sich die staatlichen Organe heute zu der Politik des früheren Innensenators stellen, auch darüber, welche dubiosen Mittel sonst noch eingesetzt wurden, um angeblich Terrorgruppen wie die RAF zu bekämpfen. Urbach wird es nicht mehr erzählen, er ist jetzt tot. Wenn es wahr ist.

© SZ vom 19.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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