Süddeutsche Zeitung

Massaker an Grundschule in Texas:Expertenbericht zeigt Versäumnisse der Polizei

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Ein Polizist beobachtet, wie ein bewaffneter Mann auf das Gebäude in Uvalde zugeht, und bittet vergeblich um Schießerlaubnis. Kurz darauf sterben 19 Kinder und zwei Lehrerinnen.

Etwa sechs Wochen nach dem Massaker an einer Grundschule in Texas mit mehr als 20 Todesopfern benennt die Texas State University in einem Expertenbericht Versäumnisse der Polizei. Ein Polizist habe beobachtet, wie der bewaffnete Täter auf die Grundschule in Uvalde zuging, und habe seinen Vorgesetzten um Schießerlaubnis gebeten. "Der Vorgesetzte hat das entweder nicht gehört oder zu spät reagiert." Der Polizist habe sich dann umgedreht, um die Erlaubnis von dem Vorgesetzten einzuholen. Als er sich wieder dem Verdächtigen zuwenden wollte, sei der 19-Jährige bereits in der Schule gewesen.

In dem Bericht werden auch andere Versäumnisse angeprangert, die die Bluttat zumindest begünstigten. So sei die Außentür, durch die der Täter in die Schule eindrang, nicht abgeschlossen gewesen. Ein weiterer Polizist sei mit seinem Streifenwagen in hoher Geschwindigkeit über den Schulparkplatz gefahren, als der Verdächtige ebenfalls dort war, habe ihn aber nicht entdeckt. "Wäre der Beamte langsamer gefahren oder hätte er sein Auto am Rande des Schulgeländes geparkt und sich zu Fuß genähert, hätte er den Verdächtigen vielleicht gesehen."

Der Schütze hatte im Mai in der Grundschule 19 Kinder und zwei Lehrerinnen getötet, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Die Polizei geriet wegen ihres späten Eingreifens an der Schule massiv in die Kritik. Erst mehr als 75 Minuten, nachdem der Schütze das Feuer eröffnet hatte, waren Einsatzkräfte in das Klassenzimmer mit dem Amokläufer eingedrungen und töteten ihn. In Folge des Massakers wurde der Polizeichef des Schulbezirks vor etwa zwei Wochen bis auf Weiteres mit sofortiger Wirkung beurlaubt.

Bei einer Anhörung im texanischen Senat hatte der Direktor der Behörde für öffentliche Sicherheit in Texas, Steven McCraw, etwa einen Monat nach der Tat ausgesagt, bereits drei Minuten, nachdem der Schütze einen Klassenraum betreten und das Feuer eröffnet habe, seien neun Polizisten vor dem Raum gewesen, zwei davon mit Gewehren. Weitere seien nach und nach dazugekommen. Der Einsatzleiter habe entschieden, auf Verstärkung, auf weitere Gewehre und Schutzausrüstung zu warten.

Nichts von alldem wäre nötig gewesen, argumentierte McCraw. In einer solchen Lage reiche im Zweifel ein Polizist mit einer Waffe, um den Amokläufer zu stoppen - auch wenn das ein Risiko für den Beamten darstelle. Die Polizisten vor dem Raum hätten Waffen, Schutzausrüstung und das Training für solche Situationen gehabt, die Kinder dagegen nichts davon, sagte McCraw.

Anschlag in Virginia am Unabhängigkeitstag verhindert

Die USA werden immer wieder von solchen und ähnlichen Fällen von Schusswaffengewalt erschüttert. Zuletzt hatte ein Schütze in Highland Park im Bundesstaat Illinois bei einer Parade zum Unabhängigkeitstag das Feuer eröffnet. Sieben Menschen wurden bei der Tat am vergangenen Montag getötet, viele weitere verletzt. Der 21 Jahre alte mutmaßliche Schütze hat die Tat nach Angaben der Staatsanwaltschaft gestanden.

Einen weiteren Schusswaffenangriff beim Feierlichkeiten am amerikanischen Unabhängigkeitstag hat die Polizei offenbar in Richmond im US-Bundesstaat Virginia verhindert. Ein 38-Jähriger und ein 52-Jähriger seien festgenommen worden, sagte Richmonds Polizeichef Gerald Smith bei einer Pressekonferenz. Zwei Sturmgewehre, eine Pistole und 223 Schuss Munition seien beschlagnahmt worden. Die Absicht der beiden Männer sei gewesen, das Feuer auf die Menge bei den Feierlichkeiten in Richmond am vergangenen Montag zu eröffnen, sagte Smith. "Wir wissen nicht, was ihr Motiv war." Die Polizei sei durch einen Tipp aus der Bevölkerung alarmiert worden. "Ein Anruf hat am 4. Juli zahlreiche Leben gerettet."

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