Usbekistan:"Es gibt keinen Weg zurück"

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Abdulasis Komilow ist seit 2012 Usbekistans Außenminister. Von 1994 bis 2003 hatte er das Amt schon einmal inne. (Foto: Madoka Ikegami/AFP)

Usbekistan öffnet sich. Seit 2016 duldet die Regierung mehr Kritik, lässt politische Gefangene frei und umwirbt Investoren. Außenminister Abdulasis Komilow erklärt im Gespräch, warum die Reformen dringend nötig sind.

Interview von Frank Nienhuysen

Mehr als zwei Jahrzehnte lang galt das zentralasiatische Usbekistan als äußerst autoritärer Staat, der die Opposition gängelte und politische Meinungsfreiheit nicht zuließ. Seit dem Tod von Islam Karimow 2016 jedoch öffnet sich das Land unter dem neuen Präsidenten Schawkat Mirsijojew. Usbekistan hat eine Reihe politischer Gefangener freigelassen und erlaubt mehr Kritik als früher. Es hat zudem Grenzkonflikte mit seinen Nachbarn beigelegt, den Wechselkurs freigegeben und wirbt offensiv um ausländische Investoren. Deutsche Bürger dürfen seit Mitte Januar visafrei in das Land an der alten Seidenstraße reisen. Die SZ sprach mit Außenminister Abdulasis Komilow.

SZ: Warum diese Reformen?

Abdulasis Komilow: Wenn man das Land entwickeln will, muss man den Menschen Freiheiten geben und das politische und wirtschaftliche System liberalisieren. Das ist klar, das gilt auch für andere Staaten.

China hat eine gewaltige wirtschaftliche Entwicklung erlebt, und die Freiheiten wurden den Menschen genommen.

Es gibt viele Länder, mit denen sich Usbekistan vergleichen ließe, aber wir tun das nicht, weil es innere Angelegenheiten sind. China ist China.

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Präsident Schawkat Mirsijojew hat viele Reformen in Gang gebracht. Nun besucht er Berlin. Sein wirtschaftlich stagnierendes Land hofft auf Investoren aus Deutschland.

Von Frank Nienhuysen

Sie sind überzeugt, dass soziale und politische Reformen, Freiheiten und wirtschaftlicher Fortschritt zusammengehören?

Ja, all dies gehört zusammen. Deshalb verfolgen wir eine solche Strategie in Usbekistan. Sie beinhaltet all diese Dimensionen: eine politische, wirtschaftliche, demokratische, es geht auch um Menschenrechte - und wie man ein besseres Investitionsklima schafft. Uns ist klar, dass wir noch mehr tun müssen. Aber die Schritte in den vergangenen zwei Jahren waren enorm, und es ist das erste Mal, dass wir solche wichtigen Entscheidungen treffen.

Können Sie sagen, dass es keine Kinderarbeit mehr auf den Baumwollfeldern gibt?

Die Internationale Arbeitsorganisation ILO hat bestätigt, dass es keine Kinderarbeit mehr dort gibt. Kinder sollen in der Schule lernen, nicht zur Ernte eingezogen werden. Vielleicht gibt es in einigen Distrikten noch Zwangsarbeit bei Erwachsenen, aber wir versuchen das zu lösen, zusammen mit der ILO und anderen zivilen Organisationen. Es gibt großen Fortschritt.

Und die politischen Gefangenen? Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch schreibt, Tausende Menschen säßen noch wegen politisch motivierter Anschuldigungen im Gefängnis.

In den vergangenen zwei Jahren wurden 15 000 Gefangene freigelassen. Sie hatten sich in einigen religiösen Organisationen engagiert. Natürlich wollen viele Häftlinge als politische Gefangene bezeichnet werden, damit sie von internationalen Organisationen unterstützt werden. Wir sind offen für Diskussionen.

Sie waren Außenminister schon in früheren Zeiten. Der Präsident war einst Ministerpräsident. Warum hat es nicht früher solche Reformen gegeben?

Präsident Karimow hat viel für Usbekistan getan, vor allem, die Unabhängigkeit zu verteidigen, und er legte einige Fundamente. Aber es war eine andere Zeit, und Herr Karimow hat alles persönlich kontrolliert. Niemand konnte jenseits dieser Politik etwas tun. Es war schon schwierig, über solche Themen überhaupt zu diskutieren.

Wie weit können die Reformen gehen?

Viele fragen, wie lange diese Reformen andauern, und ob es Risiken eines Rückschritts gebe. Es gibt keinen Weg zurück. Jeder weiß, dass tief greifende Reformen normalerweise nicht beliebt sind bei den Menschen. Eine Übergangsphase ist eine schwierige Zeit. Deshalb ist es sehr wichtig für unsere Bevölkerung, diese Politik zu unterstützen und zu verstehen, dass die Lage schwieriger würde, wenn wir nichts täten. Wir wollen mit den Regionen zusammenarbeiten. Uns ist klar, dass die Lage kritisch ist. Aber wir haben keine Alternative.

Die Menschen hätten aber womöglich gern eine Alternative, ihre Wahl für diese oder jene Partei zu treffen, für unterschiedliche Ideen.

Wir werden ihnen Optionen geben. Das Wichtigste ist, dass wir uns in Richtung Demokratie, Marktwirtschaft, wirtschaftliche und politische Reformen bewegen.

Also auch freie Wahlen?

Freie Wahlen.

© SZ vom 30.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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