Süddeutsche Zeitung

Usbekistan:Das Ende des Langzeit-Herrschers

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25 Jahre regierte Islam Karimow das zentralasiatische Land mit großer Härte. Jetzt bestätigt die Regierung in Taschkent seinen Tod.

Von Julian Hans, Moskau

Knapp eine Woche nachdem der usbekische Präsident Islam Karimow einen schweren Schlaganfall erlitten hat, gab die Regierung in Taschkent am Freitagabend seinen Tod bekannt. Der einstige Chef der Kommunistischen Partei in Usbekistan, der das zentralasiatische Land über 25 Jahre lang fast uneingeschränkt beherrscht hatte, soll an diesem Samstag beigesetzt werden.

Über Tage hatte es Unklarheit über den Zustand des 78-Jährigen gegeben. Mehrmals dementierte die usbekische Regierung Meldungen über seinen Tod. Zuletzt hatten sich die Hinweise verdichtet, dass Karimow am Samstag in seiner Heimatstadt Samarkand beigesetzt werden könnte. Nursultan Nasarbajew, der Staatschef des Nachbarlandes Kasachstan, ließ am Freitag Berichte dementieren, er unterbreche seinen China-Besuch, um kurzfristig nach Usbekistan zu reisen. Als nächstes preschte die türkische Regierung vor und übermittelte ein Beileidstelegram von Ministerpräsident Binali Yildirim.

Der Flughafen Samarkand strich für Samstag alle Verbindungen, nur Regierungsmaschinen dürfen starten und landen. Das geht aus den Daten der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) hervor. Das auf Zentralasien spezialisierte Nachrichtenportal Fergananews veröffentlichte Fotos, die zeigen, wie Bagger auf dem Friedhof von Samarkand ein Grab ausheben.

Fergananews hatte am vergangenen Samstag als erstes über einen schweren Schlaganfall Karimows berichtet. Die Familie des Diktators bestätigte die Berichte am Montag. Laut Fergananews soll Karimow auch bereits am Montagmittag gestorben sein. Die Agentur beruft sich dabei auf nicht namentlich genannte Informanten im Umfeld des Präsidenten.

Von den 32 Millionen Menschen in Usbekistan sind 90 Prozent sunnitische Muslime. Die Tradition verlangt, dass Verstorbene noch am nächsten Tag beigesetzt werden müssen. Dass Hin und Her über den Tod Karimows kann als Zeichen für heftige Machtkämpfe in der usbekischen Elite gedeutet werden. Als möglicher Nachfolger ist Ministerpräsident Schawkat Mirsijajew im Gespräch.

Karimow beherrschte das Land mehr als 25 Jahre mit diktatorischer Macht, vermied es aber bis zuletzt, seine Nachfolge zu regeln. Noch zur Sowjetzeit war ihm 1990 der Aufstieg an die Spitze der Usbekischen Sowjetrepublik gelungen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion rettete er seine Macht in die neue Zeit und wurde 1991 Präsident des unabhängigen Landes. Seitdem führt er den Staat ohne echte Kontrolle durch Parlament oder Justiz mit großer Gewalt. In Moskau sprach der frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow Karimows Familie sein Beileid aus. Karimow sei ein talentierter Politiker mit starkem Charakter gewesen, sagte der russische Friedensnobelpreisträger.

Usbekistan ist reich an Bodenschätzen, aber seine 30 Millionen Einwohner leben mehrheitlich in großer Armut. Menschenrechtsgruppen berichten von Folter und von Arbeitsbedingungen, etwa in der Baumwollindustrie, die an Sklaverei grenzten.

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Quelle:
SZ vom 03.09.2016
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