Usbekistan:Alle für den Präsidenten

Usbekistan: Reformen ja, aber in Grenzen: Präsident Schawkat Mirsijojew.

Reformen ja, aber in Grenzen: Präsident Schawkat Mirsijojew.

(Foto: AP)

Die Usbeken wählen erstmals seit Ende der Diktatur - doch echte Auswahl gibt es nicht.

Von Frank Nienhuysen

Das Versprechen war groß und griffig: "Neues Usbekistan, neue Wahlen". Zum ersten Mal seit dem Tod des jahrzehntelang regierenden Diktators Islam Karimow vor drei Jahren haben die Usbeken ein neues Parlament gewählt. Von einem "echten Test für die neuen Reformen" hatte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gesprochen. Erstmals schickte die Parlamentarische Versammlung des Europarats 50 Beobachter in das zentralasiatische Land. Doch die OSZE dämpfte am Montag die Aufbruchstimmung.

Es habe "wichtige Fortschritte beim Wahlgesetz, mehr Freiheit und eine deutlich offenere Abstimmung" gegeben, erklärte die Organisation in Taschkent. Doch dies könne nicht aufwiegen, "dass es keine Oppositionsparteien gibt und grundlegende Rechte nicht respektiert werden", erklärte die OSZE. Die Wähler hätten keine echte Auswahl gehabt, alle fünf Parteien unterstützten den usbekischen Präsidenten. Es stehe noch viel Arbeit bevor. Die Aufzählung vieler Verbesserungen wurde in dem Bericht mit ebenso vielen "Abers" relativiert. Die Italienerin Tana de Zulueta, Chefin des OSZE-Beobachtungsteams Odihr, berichtete, jemand habe zu ihr gesagt: "Wir haben versucht, neue Dinge mit einer alten Maschine zu machen."

Unter dem Herrscher Karimow war das Land zwei Jahrzehnte politisch völlig isoliert

Mehr als zwei Jahrzehnte lang galt Usbekistan unter Karimow als eines der politisch isoliertesten Länder der Welt. Ausländische Journalisten durften nur als Touristen einreisen, aber nicht berichten. Seit Karimows Tod öffnet sich das Land an der historischen Seidenstraße, zu dem Touristenziele wie Samarkand und Buchara gehören. Der neue Präsident Schawkat Mirsijojew entspannt das bedrückende Klima, er will Investoren anlocken und Usbekistan international integrieren.

Ausländische Journalisten dürfen wieder ins Land und auch von dort berichten. Die Internetblockade vieler internationaler Medien wurde aufgehoben, bis auf die Webseite von Radio Free Europe/Radio Liberty. Im Sommer kündigte die usbekische Regierung an, das berüchtigte Jaslyk-Gefängnis zu schließen, Symbol für den repressiven Apparat der alten Machthaber. Sie erfüllte damit eine Forderung der Vereinten Nationen. Dutzende unter Karimow inhaftierte Regimegegner wurden freigelassen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bescheinigte dem Land "konkrete Schritte, um die Lage der Menschenrechte und der Medienfreiheit zu verbessern". Sie bestätigte zugleich, dass das Land nach wie vor autoritär geführt werde und immer noch Tausende Menschen "wegen falscher Anschuldigungen" im Gefängnis säßen.

Die Liberalisierung hat also Grenzen, und ein autoritäres System zu verändern, braucht offensichtlich Zeit. Der Ruf Usbekistans hat sich dennoch deutlich verbessert, seitdem es die Visapflicht unter anderem für die EU-Staaten abgeschafft und Devisenkontrollen beendet hat. Die Internationale Arbeitsorganisation lobte sogar die Fortschritte bei der umstrittenen Baumwollernte, das Ende des Kindereinsatzes, das Verbot von Zwangsarbeit für Staatsangestellte.

Die neue Führung will diesen Prozess steuern und kontrollieren, womöglich deshalb scheut sie sich noch, radikale innenpolitische Veränderungen und echten Pluralismus zuzulassen. Die bei der Parlamentswahl zugelassenen Parteien, die fast alle das Adjektiv "demokratisch" in ihren Namen tragen, stammen aus der alten Zeit. Immerhin, sie werden von einer deutlich jüngeren Generation getragen; vor der Abstimmung am Sonntag hätte es so lebhafte Fernsehdebatten wie lange nicht mehr gegeben, berichtete eurasianet.org. Die Toleranz der Staatsorgane sei gewachsen, erklärte die OSZE. Auch Kritisches wurde gesagt, wenn auch nicht gegen den Präsidenten.

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