Süddeutsche Zeitung

USA:Zeuge in Uniform

Offizier Alexander Vindman könnte den amerikanischen Präsidenten ernsthaft in die Bredouille bringen: Er hatte bei Trumps Telefonat mit Selenskij zugehört.

Von Christian Zaschke, New York

Alexander Vindman ist ein Zeuge, der US-Präsident Donald Trump gefährlich werden könnte. Der Oberstleutnant erschien am Dienstag vor dem Geheimdienstausschuss, um im Impeachment-Verfahren auszusagen. Anders als die Zeugen, die bisher auftraten, war Vindman bei jenem Anruf vom 25. Juli dabei, in dem Trump dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij nahelegte, eine Ermittlung gegen den früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden und dessen Sohn Hunter einzuleiten. Hunter Biden saß im Aufsichtsrat einer ukrainischen Energiefirma, während sein Vater Vizepräsident und für die Ukraine zuständig war.

Vindman wandte sich damals umgehend an seine Vorgesetzten im Nationalen Sicherheitsrat. Seines Erachtens nach hatte sich Trump unangemessen verhalten, indem er den Präsidenten eines anderen Landes dazu aufforderte, gegen einen politischen Rivalen zu ermitteln. Vindman betonte, er habe es als seine Pflicht empfunden, seine Bedenken zu äußern.

Vindman ist der führende Ukraine-Experte im Nationalen Sicherheitsrat. Er hat seine gesamte berufliche Laufbahn beim Militär verbracht; zur Vernehmung am Dienstag erschien er in Uniform. Das ist deshalb bemerkenswert, weil die meisten Amerikaner enormen Respekt vor dem Militär haben. Die Uniform erhöhte Vindmans Glaubwürdigkeit.

Seine Familie kam vor vier Jahrzehnten aus der Ukraine in die USA, Vindman war damals ein Kind. In seinen einleitenden Bemerkungen wandte er sich am Dienstag direkt an seinen Vater. "Dad", sagte er, "dass ich heute hier sitze und vor den gewählten Volksvertretern aussage, ist der Beweis dafür, dass du damals alles richtig gemacht hast, als du hierhergekommen bist." Mehrmals betonte Vindman, dass er aus patriotischer Pflicht handele. Er diene, wie seine Kollegen, dem Land und nicht einer Partei.

In den vergangenen Tagen war Vindman vor allem beim Trump-freundlichen Sender Fox News attackiert worden; dort wurden unter anderem seine Integrität und sein Patriotismus in Frage gestellt. Auch Trump selbst griff Vindman - wie so viele Zeugen zuvor - auf Twitter an. Es könnte sein, dass er diese Attacken nach Vindmans Auftritt vom Dienstag bereut.

Der Oberstleutnant wirkte ruhig und kompetent und vor allen Dingen absolut glaubwürdig. Er schilderte, dass es seit längerem Bemühungen von Trumps Team gegeben habe, Selenskij zu Ermittlungen gegen die Bidens zu bewegen. Besonders der amerikanische EU-Botschafter Gordon Sondland habe diesbezüglich Druck ausgeübt. Sondland war einer der wichtigeren Geldgeber während Trumps Wahlkampf 2016 und ist dafür mit dem Botschafterposten belohnt worden. Er wird an diesem Mittwoch vor dem Ausschuss erscheinen.

Als Ukraine-Experte war Vindman maßgeblich daran beteiligt, das Telefongespräch zwischen Trump und Selenkij vorzubereiten. Er stellte eine Liste möglicher Themen zusammen und lieferte Hintergrundmaterial. Das ist das übliche Vorgehen bei solchen Gesprächen. Entsprechend überrascht sei er gewesen, als Trump von der vorbereiteten Linie abwich und davon sprach, dass Selenskij vielleicht mal einen Blick auf die Bidens werfen könne. Man müsse "kein Raketenwissenschaftler" sein, um zu sehen, dass dahinter eine politische Agenda stecke, sagte Vindman.

Ähnlich äußerte sich am Dienstag die Diplomatin Jennifer Williams. Sie arbeitet derzeit für Vizepräsident Mike Pence und war ebenfalls bei dem Anruf dabei. Sie sagte, sie habe es damals sehr ungewöhnlich gefunden, dass Trump sich in dieser Weise geäußert habe. Daher habe sie ihre Vorgesetzten informiert und das Gespräch auch in einem schriftlichen Briefing für Pence vermerkt. Ob dieser das Briefing gelesen habe, wisse sie nicht.

Da die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen kaum zu unterminieren ist, haben die Republikaner ihr Augenmerk darauf gelegt, wie die Medien über das Verfahren berichten. Devin Nunes, ranghöchster Republikaner im Ausschuss, sagte, beim Gros der Medien handele es sich um "Marionetten der Demokraten". Deshalb sei ihnen nicht zu glauben.

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Quelle:
SZ vom 20.11.2019
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