USASie können noch Wahlen gewinnen

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Susan Crawford lässt sich von ihren Anhängerinnen und Anhängern in Wisconsin bejubeln.
Susan Crawford lässt sich von ihren Anhängerinnen und Anhängern in Wisconsin bejubeln. (Foto: Scott Olson/Getty Images via AFP)

Obwohl der Milliardär Musk den Wahlkampf mit viel Geld zuschüttet, zieht die liberale Juristin Crawford in den Obersten Gerichtshof in Wisconsin ein. Auch im tiefroten Florida schöpfen die Demokraten trotz zweier Niederlagen wieder Hoffnung.

Von Peter Burghardt, Washington

Wieder mal ein Wahlabend in den USA, wie üblich ein Dienstag. Fünf Monate nach dem Sieg von Donald Trump und seinen Republikanern, der dieses Land und Teile der restlichen Welt gerade sehr nachhaltig verändert. Zu vergeben waren diesmal nur zwei Sitze im amerikanischen Repräsentantenhaus für Florida sowie ein Sitz im Obersten Gerichtshof von Wisconsin, keine ganz große Sache eigentlich – und diesmal doch richtungsweisend nach gut zehn Wochen Trump. Was hat das Ergebnis zu bedeuten?

Nun, die beiden Plätze für Abgeordnete haben seine Republikaner behalten und mithin ihre knappe Mehrheit auf dem Stand wie bisher verteidigt. Jimmy Patronis, zuletzt Finanzminister des Bundesstaates im Südosten, wird der Nachfolger von Matt Gaetz, der erst Trumps Justizminister werden sollte und angesichts seiner Skandale dann ganz ausschied. Randy Fine, der Senator im Sunshine State gewesen war, ersetzt auf dem Kapitolshügel von Washington Mike Waltz, den Nationalen Sicherheitsberater.

Das wird ihren Chef einerseits freuen, immerhin ist Florida Trumps Revier, dort steht seine Trutzburg Mar-a-Lago. „Mr. President, dieser Sieg gehört Ihnen weit mehr als mir“, verkündete Fine brav. Im US-Repräsentantenhaus haben die Republikaner jetzt 220 Mandatsträger und die Demokraten 213, zwei weitere Sitze sind nach Todesfällen vakant. Im Senat besitzt die Partei des US-Präsidenten ebenfalls die Mehrheit. Andererseits haben seine Leute zwar klar gewonnen, mit 14 bis 15 Prozentpunkten Vorsprung, aber bei Weitem nicht so deutlich wie beim letzten Mal ihre Vorgänger.

Da waren in diesen mittlerweile tiefroten, also stockkonservativen, Wahlbezirken Ansätze von Unzufriedenheit zu erkennen. Der Verlierer Josh Weil, der gegen Fine fast 43 Prozent der Stimmen geholt hatte, sprach von einem „unglaublichen Gewinn“ für die Demokraten und einem „Warnzeichen“ für die Republikaner. Auch scheint die Position des Sicherheitsberaters Waltz zunehmend wacklig zu sein, nachdem er nicht nur auf Signal versehentlich einen Journalisten in eine Chatgruppe zu Luftangriffen auf die Huthi in Jemen eingeladen hatte, sondern laut Washington Post außerdem sein privates Postfach bei Gmail für dienstliche Mails nutzte.

Doch mit noch größerer Spannung als der Ausgang in Florida wurde später das Ergebnis aus Wisconsin erwartet. Denn dort schien nicht nur ein kleines Referendum über den Einstand der Regierung Trump an sich, sondern vor allem über deren Mitarbeiter Elon Musk stattzufinden. Zu später Stunde kam die Eilmeldung: Die liberale Juristin Susan Crawford, von den Demokraten unterstützt, bezwang den Konservativen Brad Schimel und zieht in den Supreme Court dieses Swing States ein – obwohl Musk 25 Millionen Dollar in den Wahlkampf für Schimel gesteckt hatte.

„Unsere Gerichte sind nicht käuflich“, sagt die Siegerin nach der Wahl

Für den Multimilliardär war dies in leichter Übertreibung ein Rennen, das „über die Zukunft Amerikas und der westlichen Zivilisation entscheiden“ könne. Musk stellte Bewohnern von Wisconsin auch je 100 Dollar in Aussicht, wenn sie eine Petition gegen „aktivistische Richter“ unterschreiben, und sein Aktionskomitee bot je 50 Dollar für ein Bild eines Wählers vor einem Wahllokal. Geld hat der mutmaßlich reichste Erdenbürger genug, laut Forbes derzeit 345,6 Milliarden Dollar. Von anderer Seite bekam die Juristin Crawford, 60, Beistand, vorneweg vom schwerreichen demokratischen Gouverneur J.B Pritzker aus Illinois und vom Milliardär und Groß-Spender George Soros  – mit mehr Erfolg als ihr Gegner.

Damit haben die Liberalen wie gehabt eine 4:3-Mehrheit am Obersten Gerichtshof von Wisconsin, der in den kommenden Monaten unter anderem Entscheidungen über Arbeitnehmerrechte und Abtreibung fällen wird. Zudem soll es um die Frage gehen, ob die regionalen Kongressbezirke von der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus des Bundesstaats nicht zu großzügig für die Republikaner gestaltet wurden. In jedem Fall ist es eine Niederlage für Trump und besonders für seinen Vertrauten Musk, der Zehntausende Staatsbedienstete rauswerfen sowie ganze Behörden schreddern lässt und ansonsten mit den Millionen um sich wirft.

In vielen - nicht in allen - US-Bundesstaaten werden Richter in allgemeinen Wahlen bestimmt. Die Abstimmung in Wisconsin war die bisher teuerste Wahl für einen Richterposten, die es jemals gegeben hat. 100 Millionen Dollar soll die Auseinandersetzung gekostet haben. Den zuletzt arg verzweifelten Demokraten macht Crawfords Triumph Hoffnung, dass es vielleicht ganz langsam wieder aufwärts geht und der Machtrausch von Trump und Musk doch auf Resistenzen in der Wählerschaft trifft. Abschiebungen ohne Schuldspruch und trotz Verbots durch ein Gericht stoßen zumindest jenseits von Trumps Maga-Basis auf Kritik. Die steigenden Preise und fallenden Aktienkurse im Zuge von Trumps Zöllen sind insgesamt nicht sehr populär, noch mehr bekommen Betroffene die Massenentlassungen zu spüren.

„Heute haben die Bürger von Wisconsin einen noch nie dagewesenen Angriff auf unsere Demokratie, unsere fairen Wahlen und unseren Obersten Gerichtshof abgewehrt“, sagte die Siegerin Crawford. „Wisconsin ist aufgestanden und hat lautstark gesagt, dass Gerechtigkeit keinen Preis hat. Unsere Gerichte sind nicht käuflich.“ Ex-Präsident Barack Obama gratulierte „zur Wahl einer Richterin, die an Rechtsstaatlichkeit und den Schutz unserer Freiheit glaubt“. Der demokratische Stratege Joe Zepecki sagte es so: „Der Schuss ging um die Welt.“

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir JB Pritzker, den Gouverneur von Illinois, fälschlicherweise als Senator bezeichnet.

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