USA:Wie Trump mit Richtern Politik macht

US President Donald Trump marks 100 days in office.

Im Januar nominierte Trump Neil Gorsuch für den Posten des freien Richteramts am Supreme Court.

(Foto: AFP)
  • In seinem ersten Jahr hat US-Präsident Donald Trump fast 60 konservative Richter für Posten an Bundesgerichten vorgeschlagen.
  • Neben Gorsuch am Supreme Court wurden bisher 13 weitere Bundesrichter vom Senat bereits bestätigt.
  • Die Richter werden auf Lebenszeit ernannt und könnten die Rechtsprechung in den USA auf Jahrzehnte prägen.

Von Hubert Wetzel, Washington

Brett Talley ist 36 Jahre alt, er hat in Harvard Jura studiert und arbeitet als stellvertretender Abteilungsleiter im US-Justizministerium in Washington. Ein junger Mann am Anfang seiner Karriere, könnte man meinen.

Doch das Weiße Haus hat Großes mit Brett Talley vor. Im September nominierte Präsident Donald Trump ihn für ein Richteramt an einem US-Bundesgericht in Alabama. Der Justizausschuss des Senats hat die Ernennung bereits bestätigt. Stimmt auch der volle Senat zu, dann kann der junge Herr Talley für den Rest seines Lebens im Namen der Vereinigten Staaten Recht sprechen. Und das, obwohl er noch nie an einem echten Gerichtsprozess teilgenommen hat und die amerikanische Anwaltskammer ihn als "unqualifiziert" für einen Richterposten einstuft. Doch Brett Talley hat in den Augen der Trump-Regierung einen unschlagbaren Vorteil: Er ist ein ausgewiesener Konservativer.

Konservative Richter legen die Gesetzestexte buchstabengetreu aus

Amerikas Rechte werfen den Richtern im Land gerne vor, durch Urteile Politik machen zu wollen - und zwar linke Politik. Entscheidungen, durch die soziale Missstände beseitigt oder Frauen- und Minderheitenrechte geschützt werden sollen, entspringen nach dieser Sicht nicht der juristischen Expertise eines Richters, sondern dem selbstherrlichen Wunsch, an den gewählten Volksvertretern in den Parlamenten vorbei zu regieren. Nach Meinung der Konservativen sollen Richter ausschließlich das Gesetz anwenden, ohne Rücksicht auf die sich ändernden gesellschaftlichen Umstände, buchstabengetreu - und seien diese Buchstaben, wie im Falle der US-Verfassung, mehr als 200 Jahre alt.

Ein Beispiel: Konservative Richter legen das Recht auf Waffenbesitz als individuelles, absolutes Verfassungsrecht aus, das nicht beschnitten werden darf. Ihre liberaleren Kollegen wägen eher ab. Sie weisen darauf hin, dass die moderne Waffentechnik und die heutigen gesellschaftlichen Zustände die alte, wörtliche Rechtsauffassung zu einer sehr gefährlichen machen; dass Bürger mithin heute auch das Recht auf Schutz vor Waffen haben, nicht nur das Recht, sie zu tragen. Entsprechend unterschiedlich fallen ihre Urteile aus.

Dieser Streit über die Aufgaben und Befugnisse von Richtern mag wie eine rechtsphilosophische Auseinandersetzung erscheinen. Aber er hat sehr handfeste politische Folgen. Denn weil viele gesellschaftliche Streitthemen, von Abtreibung bis Waffenbesitz, vom gelähmten Kongress nicht per Gesetz gelöst werden, landen sie vor Gericht. Und dann ist es wichtig, welche politische Färbung die Richter haben.

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