Donald Trump wird als giftiger Polarisierer und Spalter in die Geschichte der Vereinigten Staaten eingehen. Tatsächlich könnte man ihn mit Fug und Recht aber auch als große einigende Kraft feiern - bei den Demokraten, die größte vielleicht seit den Zeiten der Kennedys. Nichts schweißt Amerikas Liberale und Linke so sehr zusammen wie der Horror, noch einmal vier Jahre unter der erratischen Präsidentschaft eines autoritären Hasardeurs leben zu müssen.
Den eindrücklichsten Beweis für diese These lieferte Bernie Sanders, der alte Held der Jungen und Linken in den USA und der gegen Joe Biden unterlegene Präsidentschaftsbewerber, mit seinem Liveauftritt am ersten Abend des virtuellen Parteitags der Demokraten. Bei dieser Wahl, so wandte er sich ausdrücklich und direkt an seine bisherigen Unterstützer, stehe "die Zukunft auf dem Spiel". Eine zweite Regierungszeit für Donald Trump sei eine "Gefahr für unsere Demokratie". Deshalb brauche Amerika "Joe Biden als unseren nächsten Präsidenten".
Die Bedeutung dieses Wahlaufrufs ohne Wenn und Aber für den bisherigen Konkurrenten lässt sich am besten im Rückblick auf seinen Auftritt beim Wahlparteitag der Demokraten vor vier Jahren ermessen. Damals ließ er seiner Enttäuschung über die eigene Niederlage bei den Vorwahlen freien Lauf und seiner Wut auf das Parteiestablishment der Demokraten, das seine Kandidatur in den Monaten zuvor zu unterminieren versucht hatte.
Die Folgen für die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton waren desaströs: Die Parteilinken verweigerten ihr bei der Präsidentschaftswahl die Stimme - und trugen so zum Überraschungserfolg Trumps bei. Ein ähnliches Szenario will Sanders diesmal vermeiden. Deshalb führte er nun ausdrücklich an, dass Biden sich Forderungen der Linken zu eigen gemacht hat: die deutliche Erhöhung des Mindestlohns etwa oder ein radikales Zurück zum Klimaschutz der Obama-Jahre.
Ob es gelingt, die Linken unter den Demokraten wenn nicht für Biden zu begeistern, so doch zur Stimmabgabe zu bringen, dürfte allerdings nicht mehr nur von Bernie Sanders abhängen. Vielleicht noch wichtiger wird sein, ob und wie nachdrücklich die jungen Wilden der Linken - wie die Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez - Joe Biden unterstützen. Ihr Auftritt beim Wahlparteitag kommt erst noch.