USA vs. Assange:Konstruktion einer Straftat

Die Regierung Obama versucht verzweifelt, Wikileaks-Gründer Julian Assange ein Verfahren anzuhängen. Davon sollte das Weiße Haus schleunigst Abstand nehmen. Das öffentliche Echo auf eine Anklage wäre verheerend.

Reymer Klüver

Der Wunsch, ein Exempel zu statuieren, ist kein taugliches Motiv für ein faires Verfahren, und Winkelzüge sind eines Rechtsstaats unwürdig. Die Regierung Obama sollte deshalb schleunigst Abstand nehmen von allen Plänen, den Wikileaks-Gründer Julian Assange wegen der Beihilfe zur Erlangung geheimer Regierungsdokumente verfolgen zu wollen.

WIkiLeaks Juilan Assange In Court

"Freiheit für Julian Assange" fordert dieser Demonstrant. Der Wikileaks-Gründer hat weltweit Anhänger.

(Foto: dpa)

Der Erfolg einer solchen Anklage dürfte zweifelhaft sein. Das öffentliche Echo wäre verheerend.

Offenkundig ist, dass US-Justizminister Eric Holder, ermutigt durch das Weiße Haus, nach Möglichkeiten sucht, dem undurchsichtigen Wikileaks-Mann ein Verfahren anzuhängen. Die Überlegung, ihn mit Hilfe eines verstaubten Spionage-Gesetzes aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zu verfolgen, wurde rasch wieder ad acta gelegt.

Auch die Verbreitung geheimer Informationen als solche ist nicht strafwürdig, weil sie im Zweifel unter das Verfassungsgebot der Meinungsfreiheit fällt. Um sich in der Hinsicht abzusichern, bemüht sich Wikileaks seit einigen Tagen, stärker als journalistische Organisation zu erscheinen.

Bleibt die Überlegung, dass Assange nicht nur Empfänger (und Verbreiter) geheimer Dokumente war, sondern den eigentlichen Verräter zu der Tat angestiftet hat - eine bizarre Konstruktion.

Natürlich kann es die US-Regierung nicht dulden, dass vertrauliche Dokumente en gros auf den Markt gelangen. Das muss sie unterbinden, indem sie Geheimhaltungsmechanismen verbessert - aber nicht, indem sie ein fragwürdiges Verfahren konstruiert.

Das eigentliche Verfahren wird gegen Assange in Schweden angestrengt - wegen des Verdachts auf Vergewaltigung. Das eine aber hat mit dem anderen nichts zu tun.

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