USATrumps nächster Schlag gegen die Universitäten

Lesezeit: 5 Min.

Internationale Studierende in Harvard protestieren gegen die jüngsten Maßnahmen der Trump-Regierung.
Internationale Studierende in Harvard protestieren gegen die jüngsten Maßnahmen der Trump-Regierung. (Foto: Brian Snyder/REUTERS)

US-Botschaften und -Konsulate dürfen vorerst keine Termine mehr zur Visavergabe an Studierende vergeben. Das soll die Hochschulen in den USA treffen, schürt aber auch in Deutschland Unruhe.

Von Peter Burghardt und Lilith Volkert, Washington/München

Die US-Regierung streitet noch mit Harvard und anderen Universitäten, da gibt es schon wieder Neuigkeiten im Umgang mit ausländischen Studenten. Das Außenministerium unter Leitung von Marco Rubio hat nun seine Botschaften und Konsulate angewiesen, vorläufig keine neuen Visa-Termine für Studierende und Gastprofessoren aus anderen Ländern anzubieten. Es soll genauer untersucht werden, was die Aspiranten in Netzwerken von sich geben. Dies gelte „mit sofortiger Wirkung und in Vorbereitung auf eine Ausweitung der erforderlichen Überprüfung der sozialen Medien“, heißt es in der Anordnung, wie US-Medien berichten.

Die Hochschulen sind eine beliebte Zielscheibe, seit Donald Trump ins Weiße Haus zurückgekehrt ist. Seine Administration wirft vor allem den bedeutendsten Bildungszentren vor, Antisemitismus zu fördern, und fordert sie außerdem auf, Programme für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion zu streichen. Zunehmend drängt sich der Eindruck auf, dass es bei der Offensive auch darum geht, Kritiker einzuschüchtern. Insgesamt sind Trump diese Elite-Einrichtungen zu liberal, zu links, zu woke. Jedenfalls hält sich die Begeisterung für Slogans wie „America First“ und „Make America Great Again“ an diesen akademischen Adressen von Weltklasse stark in Grenzen.

Zuletzt hatte seine Verwaltung der Harvard University untersagt, internationale Studenten anzunehmen. Diejenigen, die bereits Visa für ihre Studienzeit besaßen, sollten an andere Hochschulen wechseln, um ihren Aufenthaltsstatus nicht zu verlieren. Nach einer Klage der Uni blockierte ein Bundesrichter die Verfügung, doch Trumps Leute legen nach. Schon im April wurden staatliche Zuschüsse für Forschungsprogramme im Wert von zwei Milliarden Dollar eingefroren, dann gab Washington am Dienstag bekannt, weitere Verträge im Umfang von 100 Millionen Dollar kassieren zu wollen.

Auf dem Gelände von Harvard bei Boston bilden die Ausländer ein gutes Viertel der gesamten Studentenschaft

Auf dem Gelände von Harvard bei Boston studieren ungefähr 7000 Ausländer, ein gutes Viertel der gesamten Studentenschaft dort. Die Harvard-Führung zog vor Gericht und klagte, das Verbot verletze die Verfassung und sei eine Vergeltungsmaßnahme, weil Harvard „Forderungen der Regierung, die Leitung, den Lehrplan und die ‚Ideologie‘ der Fakultät und der Studenten von Harvard zu kontrollieren, zurückgewiesen“ habe.

Einige Heimatländer der Studenten von Harvard seien gar nicht freundlich zu den USA und bezahlten nichts für die Erziehung, behauptete Trump am Sonntag auf seiner Plattform Truth Social. Jetzt scheint sich der Kontrollversuch auf all jene auszuweiten, die in den USA studieren wollen. Konsularabteilungen sollen keine Gespräche für Visa der Kategorien F, M und J für Studierende und Austauschbesucher mehr vereinbaren, bis die Richtlinien aktualisiert worden seien. „Wir verwenden alle verfügbaren Informationen bei der Visumsprüfung“, heißt es aus dem State Department. Hinweise auf soziale Netzwerke würden von Bewerbern bereits seit 2019 verlangt.

Ausländische Studentinnen und Studenten, häufig Vollzahler der Gebühren, sind enorm wichtig für US-Universitäten. Nach Angaben des Ministeriums für Homeland Security erhielten im Jahr 2023 mehr als 1,3 Millionen Studierende ohne amerikanische Staatsangehörigkeit ihr Diplom in den USA, die größten Gruppen kommen aus Indien und China. Und besonders in den Naturwissenschaften forschen in den USA zahlreiche Menschen aus dem Ausland.

Im März erklärte Rubio, er habe 300 Visa von Studenten, Besuchern und anderen gecancelt

Offenbar forderte Rubio Konsularbeamte bereits im März dazu auf, „bestimmte Antragsteller“ für Studenten- und Austauschvisa an die Betrugsbekämpfungsstelle zu verweisen, „um eine obligatorische Überprüfung der sozialen Medien vorzunehmen“. Man wolle „sicherstellen, dass die Antragsteller kein Sicherheitsrisiko für die Vereinigten Staaten darstellen“, so erklärt das Außenministerium laut New York Times jetzt die Pause bei den Terminen.

Als Argument für das Screening dienten der Regierung antisemitische Kommentare auf dem Campus und Proteste gegen Israels Militäraktionen in Gaza, wobei auch antimuslimische Parolen zu hören waren. Im März hatte Rubio erklärt, dass er 300 Visa von Studenten, Besuchern und anderen gecancelt habe. Es war auch die Rede davon, dass selbst Greencards, also permanente Aufenthaltsgenehmigungen, ihre Gültigkeit verlieren könnten.

Der 30 Jahre alte Mahmoud Khalil, der sein Studium an der Columbia School of International and Public Affairs mit einem Master abgeschlossen hatte, wurde in New York festgenommen und in ein Abschiebegefängnis für Immigranten ohne Papiere nach Louisiana gebracht. Dabei besitzt Khalil, der palästinensische Wurzeln hat, eine Greencard, ist mit einer Amerikanerin verheiratet und inzwischen Vater eines Kindes.

Die US-Regierung wirft ihm vor, mit Kundgebungen die Hamas zu unterstützen und eine Bedrohung für die USA zu sein. Dies sei „die erste Verhaftung von vielen, die noch kommen werden“, schrieb Trump. „Wir wissen, dass es mehr Studenten an der Columbia und anderen Universitäten im ganzen Land gibt, die sich an proterroristischen, antisemitischen und antiamerikanischen Aktivitäten beteiligt haben, und die Trump-Regierung wird dies nicht tolerieren.“

Aus Deutschland gehen jedes Jahr Tausende Studierende für ein oder zwei Semester an eine US-Hochschule

Ebenfalls verhaftet wurde Rümeysa Öztürk, 30, türkische Doktorandin der Tufts University. In Massachusetts, auf offener Straße. Ihr Vergehen? Sie hatte an einem Text in der Studentenzeitung mitgeschrieben. Die Verfasser forderten die Universität darin auf, sich für die Rechte von Palästinensern einzusetzen und sich von Israel abzuwenden. Rümeysa Öztürk wurde in vier verschiedenen Haftanstalten eingesperrt, ehe ein Richter die Einwanderungsbehörde anwies, sie freizulassen. Auch ihr war unter dem Vorwurf, für die Hamas zu werben, das Visum entzogen worden.

So ist die Stimmung in der zweiten Ära von Donald Trump. Die neuen Maßnahmen betreffen nun weltweit Interessenten für ein Studium in den USA. Aus Deutschland gehen jedes Jahr Tausende Studierende für ein oder zwei Semester an eine US-Hochschule, zuletzt waren es knapp 10 000. Dafür benötigt man ein sogenanntes F-1-Visum. Ist die Zusage der Universität da und die Finanzierung von Studiengebühren und Lebensunterhalt geklärt, vereinbart man einen Termin beim US-Konsulat. In der Regel wartet man vier bis acht Wochen darauf. In dem Gespräch werden nicht nur die Unterlagen geprüft, sondern auch, ob der- oder diejenige vorhat, anschließend wieder nach Deutschland zurückzukehren. Ohne Termin im US-Konsulat kein Visum.

Deshalb dürfte die jüngste Nachricht gerade bei zahlreichen Studierenden Stress auslösen. Wer kommenden Herbst zum Austausch in die USA reisen möchte, steckt gerade mitten im Bewerbungsprozess. Die Freie Universität Berlin etwa schickt jedes Jahr gut 40 Studierende an US-Partneruniversitäten. Die meisten von ihnen haben zwar schon die Zusage ihrer Hochschule, warten aber noch auf ein spezielles Formular, das die Partneruniversität ausfüllen muss und das für den Visumsantrag erforderlich ist, erklärt Gesa Heym, Leiterin der Studierendenmobilität. Sie konnten also noch keinen Termin im Konsulat vereinbaren und hängen erst einmal in der Luft.

Entsprechend groß ist die Verunsicherung an deutschen Universitäten und bei Organisationen, die Studierende beraten. Die US-Botschaft in Berlin gibt keine Hinweise, wie man als angehender Studierender vorgehen sollte. Viele Betroffene hoffen, dass sich die Lage schnell wieder ändert. „Läuft die Terminvergabe in den nächsten Wochen wieder an, dürfte das für unsere Studierenden nicht problematisch sein“, sagt auch Gesa Heym. Zieht es sich länger hin, könnte es eng werden, denn das Wintersemester beginnt in der Regel schon Ende August oder Anfang September. Mehr als abzuwarten bleibt gerade nicht.

Bundesaußenminister Johann Wadephul sagte nach seinem Besuch am Mittwoch bei seinem US-Kollegen Marco Rubio, sie hätten nicht über die Visa gesprochen, doch Wadephul wolle sich den Fall ansehen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungUSA
:Mit seinem Feldzug gegen die Wissenschaft will Donald Trump die Fakten abschaffen

SZ PlusKommentar von Marlene Weiß
Portrait undefined Marlene Weiß

Lesen Sie mehr zum Thema

  • Medizin, Gesundheit & Soziales
  • Tech. Entwicklung & Konstruktion
  • Consulting & Beratung
  • Marketing, PR & Werbung
  • Fahrzeugbau & Zulieferer
  • IT/TK Softwareentwicklung
  • Tech. Management & Projektplanung
  • Vertrieb, Verkauf & Handel
  • Forschung & Entwicklung
Jetzt entdecken

Gutscheine: