USA: Viel Geld für Militär:Im Emergency Room

Der US-Senat bewilligt 612,5 Milliarden Dollar für das Militär - dabei hat das Land andere Probleme und sollte sich lieber um das Finanzsystem, Infrastruktur und die Verschuldung kümmern.

Hans-Jürgen Jakobs

Die USA haben in diesen Tagen ein paar wirklich ernste Probleme, die jeder mitbekommen kann. Ihre einst größte Zierde, das Banken- und Finanzwesen, kämpft mit dem Kollaps und braucht den Staat als Retter in höchster Not. Kurzum: Denkt man an die Vereinigten Staaten von Amerika, fällt einem schnell die TV-Serie "Emergency Room" ein, eines dieser wenigen Produkte, die dieses Land überhaupt noch exportieren kann.

Stealt Bomber, Militär, USA, Reuters

Einer der milliardenteuren Tarnkappenbomber vom Typ "B-2 Spirit" nähert sich einem Tankflugzeug.

(Foto: Foto: Reuters)

Und doch tun diese USA so, als gelte "business as usual". Als könnten sie Milliarde um Milliarde in das ambitionierte Versuchsprojekt pumpen, international Demokratie nach ihren Vorstellungen zu etablieren und den Islamismus zurückzudrängen. Der Traum vom Unilaterialismus, vom Sheriff der Welt, aber kostet. Gerade hat der US-Senat die Großsumme von 612,5 Milliarden Dollar für den Verteidigungshaushalt bewilligt, inklusive 70 Milliarden Dollar für den Krieg im Irak und in Afghanistan. Die Gehälter der Militärs steigen um 3,9 Prozent.

Die USA gerieren sich noch als Supermacht, wo im Kern ihre Wirtschaft leidet und täglich eine fortgesetzte Fäulung offenbart. Sie symbolisieren noch Stärke, wo längst der Zweifel regiert, wie das Land all die gewaltigen Probleme lösen soll - und woher das Geld für die nötigen Maßnahmen kommt.

Eine weitere hemmungslose Ausdehnung des Militäretats werden sich die Vereinigten Staaten schlicht nicht leisten können, wenn sie es ernst meinen mit der ökonomischen Gesundung. Schon die erste Welle an Hilfsaktionen für die Wall Street hat Washington viel Geld gekostet - insgesamt mehr als 300 Milliarden Dollar.

Teurer als in Venezuela und Bolivien

So teuer war es, die Investmentbank Bear Stearns zu retten, die Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac am Leben zu erhalten und nun American International Group, den Versicherungsriesen mit dem großen Namen, weitermachen zu lassen. Quasi-Verstaatlichung ist in den USA teurer als in Bolivien oder Venezuela.

Schon war die Fed, die amerikanische Notenbank, nicht mehr in der Lage gewesen, die politisch notwendigen Lebensrettungsmaßnahmen im Emergency Room USA zu finanzieren und brauchte Geld; sie bekam es per Kreditzusage vom Staat. Da aber neue Notaktionen wahrscheinlich sind, werden vermutliche weitere Hunderte Milliarden Dollar fällig sein. In dieser Lage müsste man den Militärs eigentlich sagen, dass sich die Gesellschaft ihre waffenstarrende Präsenz in Krisenregionen des Globus nicht mehr leisten kann, auch wenn die USA mit ihrer Beglückungspolitik seit 2001 eben jene Krisen verschärft haben.

Neuer Präsident muss Kassensturz machen

Es ist im Gegenteil so, dass sich der nächste US-Präsident eine neue Politik einfallen lassen muss, um die Todesspirale der amerikanischen Wirtschaft zu beenden. Momentan breitet sich die Krise der Geldwirtschaft auf jene Güterwirtschaft aus, von der sich die Bankiers und Fondsmanager in ihrer champagner-beseelten Hybris über Jahre abgehoben hatten. Es gibt einen Dominoeffekt, der die Einkommen der Bürger nach unten zieht. Pessimismus breitet sich aus.

In dieser Lage wird der zivile Neuaufbau des Landes zum Thema werden, mit besserer Krankenversicherung, besseren Straßen und Schulen, einer neuen Umweltpolitik. Exzessive Militärausgaben, die einen großen Beitrag zum immensen jährlichen US-Haushaltsdefizit von rund 250 Milliarden Dollar leisten, sind da fehl am Platz.

Erst aber werden der neue Präsident und der neue Kongress gewählt. Dann kommt der Kassensturz. Und so lange dürfen die USA nach draußen hin nicht so schwach sein, wie sie in Wahrheit sind.

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