Süddeutsche Zeitung

USA:Versteckenspielen

Mit Augen zu kommt man beim Versteckspielen nicht weit. Kinder wissen das. Donald Trump nicht.

Von Hubert Wetzel

Kinder halten sich, wenn sie sich verstecken wollen, manchmal die Augen zu und rufen: "Du kannst mich nicht sehen!" Donald Trump argumentiert ganz ähnlich, wenn es um das Coronavirus geht. Wenn die USA nicht so gigantisch viele Tests durchführen würden, so jammerte der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika kürzlich, dann gäbe es auch nicht so viele Corona-Fälle, "die uns schlecht aussehen lassen".

Mit dieser Logik kommt man nicht einmal beim Versteckspiel besonders weit. Kinder merken das irgendwann. Trump? Der tut sich mit dieser Einsicht schwer. Und weil er seine gesamte Strategie für den Kampf gegen ein potenziell tödliches Virus auf derart kruden Vorstellungen von Ursache und Wirkung aufgebaut hat, steckt sein Land im Corona-Albtraum fest: Die Infektionen steigen wieder, bald dürften die Todeszahlen folgen.

Den Preis für Trumps Ignoranz bezahlen die Amerikaner. Die erste Infektionswelle hat 125 000 Menschen in den USA getötet, jetzt droht die zweite. Aber der Präsident lässt das Land und die Menschen im Stich, er ist entweder intellektuell unfähig oder politisch unwillig, sich angemessen um die Eindämmung der gefährlichsten Pandemie seit 100 Jahren zu kümmern. Daran wird sich erst etwas ändern, wenn im Weißen Haus endlich wieder ein Erwachsener sitzt.

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Quelle:
SZ vom 29.06.2020
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