USA: Vereitelter Anschlag in Flugzeug:Wer ist der Attentäter?

Ein 23-jähriger Nigerianer hat auf dem Flug von Amsterdam nach Detroit versucht, einen vollbesetzten Airbus zum Absturz zu bringen. Die Spur des Attentäters führt nach London.

Nach dem vereitelten Anschlag auf ein Passagierflugzeug in den USA hat die britische Polizei am Samstag Spuren des mutmaßlichen Täters in London gesichert. Der 23-jährige Nigerianer Abdul Farouk Abdulmutallab soll am University College London Maschinenbau studiert haben. "Wir arbeiten eng mit den US-Behörden zusammen", sagte eine Polizeisprecherin.

Sprengstoffspezialisten untersuchen einen Airbus der Fluggesellschaft Northwest Airlines, Reuters

Offenbar nur knapp einer Katastrophe entkommen sind die Passagiere eines Airbus 330 der Fluggesellschaft Northwest Airlines: Ein mutmaßlicher Attentäter versuchte auf dem Flug von Amsterdam nach Detroit einen Sprengsatz zu zünden.

(Foto: Foto: Reuters)

Personen aus dem Umfeld des Verdächtigen seien befragt und seine Wohnung durchsucht worden. Die Identität des mutmaßlichen Attentäters wollte die Sprecherin mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen aber nicht bestätigt. Mehrere Fluglinien kündigten unterdessen strengere Sicherheitsvorkehrungen für Flüge in die USA an.

Der Mann, der nach Angaben der niederländischen Anti-Terror-Behörde NCTB über ein gültiges Visum für die USA verfügte, hatte am ersten Weihnachtsfeiertag versucht, in einem Airbus der US-Gesellschaft Delta Airlines kurz vor der Landung in Detroit einen Sprengsatz zu zünden. Glücklicherweise versagte die Zündung und es kam nur zu einer kleineren Explosion - das vollbesetzte Flugzeug konnte weitgehend unbeschadet auf dem Detroit Metro Airport landen.

Der Zwischenfall ereignete sich kurz nach Mittag - gegen 18 Uhr mitteleuropäischer Zeit - an Bord einer Maschine, die auf dem Weg von Amsterdam in die USA war. Rund 20 Minuten vor der Landung versuchte der Nigerianer nach Zeugenaussagen, den Sprengsatz zu zünden. Dabei geriet seine Kleidung in Brand - der mutmaßliche Attentäter erlitt schwere Verbrennungen an den Beinen. Auch ein Fluggast soll verletzt worden sein.

Vermeintliche Feuerwerkskörper

Augenzeugenberichten zufolge ging alles sehr schnell. "Es gab einen Knall, dann eine Flamme und dann sahen wir Feuer", berichtete der Passagier Syed Jafry, der nur wenige Reihen hinter dem Attentäter saß. Die Leute um ihn herum hätten Panik bekommen und sich mit Decken, Wasser und einem Feuerlöscher auf den vermeintlichen Brandherd gestürzt.

Ein junger Mann habe den Attentäter dann überwältigt und ihn gemeinsam mit der Crew von den anderen Passagieren getrennt. Der Nigerianer habe sich kaum gewehrt, "er schien völlig verblüfft", sagte Jafry.

In anderen Teilen des Flugzeugs bekamen die Passagiere gar nicht genau mit, was passiert war. Die Besatzung sprach lediglich von einem "Zwischenfall", der unter Kontrolle sei. Auch eine Sprecherin der Muttergesellschaft Delta Airlines hatte zunächst berichtet, ein Passagier habe in einer Maschine Feuerwerkskörper gezündet.

Obama ordnet erhöhte Sicherheitsmaßnahmen an

Nach Angaben von CNN sagte Abdulmuttalab vor US-Ermittlern aus, er habe den Sprengsatz im Jemen erhalten, verbunden mit genauen Anweisungen zu seinem Einsatz. Der amerikanische TV-Sender ABC berichtete mit Verweis auf US-Ermittlungskreise, Abdulmuttalab habe sich Pulver an seine Beine geklebt. Dieses habe er dann über eine Spritze mit Chemikalien vermischt - und so eine explosive Substanz hergestellt. Um was für einen Sprengsatz es sich genau handelte, blieb allerdings zunächst unklar.

Knapp an einer Katastrophe vorbei

Der republikanische Abgeordnete Peter King, der dem Heimatschutzkommitee angehört, sprach von einer neuartigen und "ziemlich ausgeklügelten Vorrichtung". Der Zwischenfall hätte in einer Katastrophe enden können, sagte King dem Sender Fox News. In der Maschine befanden sich 278 Passagiere und mehrere Besatzungsmitglieder.

Kings Angaben, wonach der Attentäter ursprünglich in Nigeria gestartet und in Amsterdam umgestiegen war, konnten vom Betreiber des Amsterdamer Flughafens Schiphol zunächst nicht bestätigt werden. Eine Sprecherin sagte lediglich, dass der Mann in Schiphol auf den Flug nach Detroit "umgestiegen" sei.

Mittlerweile hat sich ein prominenter nigerianischer Bankier als Vater des mutmaßlichen Attentäters zu erkennen gegeben. Der frühere Minister und Bankenchef Alhaji Umaru Mutallab bestätigte in der nigerianischen Hauptstadt Abuja, dass US-Behörden seinen 23-jährigen Sohn mit dem versuchten Terroranschlag auf den Transatlantik-Flug von Amsterdam nach Detroit in Verbindung bringen. Sein Sohn habe in London studiert und die britische Hauptstadt zu Reisezwecken verlassen. Das Ziel sei ihm jedoch nicht bekannt gewesen.

Erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für Flugreisen

Wie US-Medien berichteten, gingen die Ermittler zunächst von einem Einzeltäter aus. Nach Angaben eines amerikanischen Anti-Terrorbeauftragten befand sich Abdulmutallab zwar in einer Datenbank von Personen, die im Verdacht stehen, Kontakt zu Terrornetzwerken zu haben, jedoch sei unklar, inwieweit der Nigerianer tatsächlich Verbindungen zu al-Qaida habe.

Gegen Abdulmuttalab soll noch im Laufe des Tages ein Ermittlungsverfahren in den USA eingeleitet werden. Wie aus Justizkreisen in Washington verlautete, wird dem Mann vorgeworfen, er habe versucht, ein Flugzeug in die Luft zu sprengen. Das Verfahren werde vor einem Bundesgericht in Detroit eingeleitet.

Im ständigen Kontakt mit Sicherheitsberatern

US-Präsident Barack Obama ordnete erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für Flugreisen an, wie sein Sprecher Bill Burton mitteilte. Obama, der sich derzeit mit seiner Familie zum Weihnachtsurlaub auf Hawaii aufhält, stehe in ständigem Kontakt mit seinen Sicherheitsberatern, sagte Burton. Das Heimatschutzministerium warnte Passagiere, sich auf zusätzliche Kontrollmaßnahmen bei In- und Auslandsflüge einzustellen.

Wie es auf der Webseite der kanadischen Fluglinie Air Canada heißt, sei geplant, die Bewegungsfreiheit von Fluggästen und Besatzung auf Flügen in die USA einzuschränken. Eine Stunde vor Landung solle es nicht mehr erlaubt sein, aufzustehen oder sein Handgepäck zu öffnen. British Airways gab bereits bekannt, dass auf Flügen von London in die USA ab sofort nur noch ein Handgepäckstück mitgeführt werden dürfe.

Der Zwischenfall erinnert an den Fall des britischen "Schuh-Bombers" Richard Reid. Dieser hatte kurz vor Weihnachten 2001 auf einem US-Flug von Paris nach Miami versucht, in seinen Schuhen versteckten Sprengstoff zu zünden.

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