USA und Mexiko:Trumps Charakter offenbart sich an der Grenze

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Ein zweijähriges Kind mit seinen Eltern an der amerikanischen Grenze. (Foto: John Morre/AFP)

Die Politik des US-Präsidenten, Kinder illegaler Einwanderer von ihren Eltern zu trennen, ist unmenschlich. Selbst Trumps Ehefrau Melania ist das zu viel.

Kommentar von Hubert Wetzel, Washington

Man könnte das, was an der Südgrenze der USA derzeit passiert, erpresserischen Menschenraub nennen: Die Grenzpolizei nimmt illegalen Einwanderern die Kinder weg. Die Väter und Mütter kommen ins Gefängnis, die Kinder werden in mehr oder weniger gut geführte Auffanglager gesteckt. Ob, wann oder wo Eltern und Kinder sich wiedersehen dürfen, entscheidet dann die amerikanische Justizbürokratie, von deren Härte, Sturheit und Stupidität selbst ein Franz Kafka noch viel lernen könnte.

Dabei sind diese Eltern keine verurteilten Kriminellen. Sie sind noch nicht einmal Straftäter. Die unerlaubte Einreise in die Vereinigten Staaten ist nach geltendem Recht zunächst einmal nur eine Ordnungswidrigkeit. Und die Trennung von den Kindern, das gibt das Weiße Haus bereitwillig zu, dient keinem juristischen, sondern einem politischen Ziel - der Abschreckung anderer Einwanderer. Anders gesagt: Die amerikanische Regierung versucht, Erwachsene, die sich jenseits der Grenze befinden, dadurch vom illegalen Grenzübertritt abzuhalten, dass sie Familien zerreißt, die es bereits über die Grenze geschafft haben.

Das Gejammer des Präsidenten auf Twitter ist absurd

Das ist eine unmenschliche Politik. Aber es ist eben die Politik, die dabei herauskommt, wenn ein Land von einem Mann wie Donald Trump regiert wird, dem der Rechtsstaat nichts bedeutet und der Erpressung für ein ganz normales Mittel zum Zweck hält, sei es im Umgang mit befreundeten Regierungen oder eben mit wehrlosen Einwanderern.

Darüber kann auch das absurde Gejammere nicht hinwegtäuschen, das Trump auf Twitter veranstaltet. Der Präsident redet den Amerikanern ein, dass in Wahrheit die Demokraten schuld seien, dass sie die Gesetze erlassen hätten, die die Trennung der Familien erzwängen, dass auch er es "hasst", wenn Kinder aus den Armen ihrer Mütter und Väter gerissen werden.

Doch das ist eine Lüge. Niemand außer Donald Trump ist dafür verantwortlich, dass Kinder an der Grenze von ihren Eltern getrennt werden. Nichts würde ihn daran hindern, Familien, die zusammen illegal über die Grenze kommen, auch zusammen festzuhalten und gegebenenfalls zusammen abschieben zu lassen. Aber weil der Präsident seinen Wählern zeigen will, was für ein harter Hund er ist, hat er eine Null-Toleranz-Politik gegenüber illegalen Einwanderern befohlen - Haft und strafrechtliche Verfolgung für die Erwachsenen, Sammelunterkünfte für die Kinder. Und wo null Toleranz ist, da ist auch null Menschlichkeit, null Rücksichtnahme, null Anstand, da wird der Staat zu einer Maschine ohne Gewissen und Mitleid.

Trumps Charakter offenbart sich an der Grenze

Zudem hofft Trump, dem Kongress mittels der Bilder von Kindern, die unter Neonlicht in Maschendrahtkäfigen hocken, Geld für den Bau seiner Grenzmauer abpressen zu können. Kinder, von denen manche noch Windeln tragen, als Faustpfand und politische Verhandlungsmasse - selbst Trumps Ehefrau Melania ist das zu viel. Sie wünsche sich, dass Amerika ein Land sei, das "auch mit dem Herzen regiert wird", ließ sie wissen. Deutlicher hat die First Lady ihrem Mann bisher in der Öffentlichkeit noch nie widersprochen.

Es mag sein, dass der öffentliche Druck und die Empörung wirken und Trump seine harte Haltung aufweicht. Wenn, dann tut er es nicht aus Einsicht, sondern weil er dazu gezwungen wird. So oder so: Wer etwas über den Charakter dieses US-Präsidenten erfahren will, muss schauen, was an der Grenze im Süden passiert.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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