USA und Kuba:Comandante Obama

Der US-Präsident lockert das 47 Jahre alte Embargo gegen Kuba: Künftig können Amerikaner ihre Verwandten dort besuchen und unbegrenzt Geld schicken. Kuba antwortet mit einem Brandbrief.

Reymer Klüver

Vivian Mannerud freut sich mächtig. Sie wird in nächster Zeit glänzende Geschäfte machen. "Es wird ganz bestimmt einen Ansturm geben", sagt sie freudestrahlend. Mannerud ist Chefin der Airline Brokers Company, die seit dem Jahr 1982 Charterflüge von den USA nach Kuba organisiert. Unternehmen wie ihres dürften als erste profitieren von der zaghaften Annäherung zwischen den bisherigen Erzfeinden, zwischen der Supermacht des Kapitalismus und der karibischen Inselbastion des Kommunismus.

USA und Kuba: Familientreffen möglich: Amerikaner dürfen künftig ihre Verwandten auf Kuba besuchen.

Familientreffen möglich: Amerikaner dürfen künftig ihre Verwandten auf Kuba besuchen.

(Foto: Foto: AP)

Am Donnerstag hob das Finanzministerium in Washington wesentliche Teile eines seit fast einem halben Jahrhundert bestehenden US-Embargos gegen Kuba auf. Amerikaner können künftig ungehindert Familienangehörige auf Kuba besuchen und unbegrenzt Geld auf die Insel überweisen. Bisher war nur ein Verwandtschaftsbesuch pro Jahr erlaubt, Geldgeschenke durften 1200 Dollar nicht überschreiten. Präsident Barack Obama hatte die Erleichterungen bereits im April angekündigt. Jetzt aber wurden sie in die Tat umgesetzt.

Allerdings bleibt das Embargo grundsätzlich bestehen. Nur einzelne Bestimmungen wurden ausgesetzt, um "getrennten Familien in den Vereinigten Staaten und in Kuba einen engeren Kontakt" zu ermöglichen, wie es in der offiziellen Erklärung heißt. Das wird besonders die etwa 1,5 Millionen Amerikaner freuen, die Verwandte auf Kuba haben. Doch das ist nicht das einzige Interesse der USA.

Darüber hinaus will Washington offenkundig die Voraussetzungen für den Fall schaffen, dass das Regime in Havanna den kubanischen Markt öffnet. Für den Devisenaustausch zwischen kubanischen und US-Banken sollen feste Regeln vereinbart werden. US-Telekommunikationsunternehmen wird erlaubt, Glasfaserkabel nach Kuba zu legen, Satellitenverbindungen für den Telefonverkehr aufzubauen und die Mobilfunknetze zu verknüpfen.

Das ist eine kleine Revolution - auf Seiten der Amerikaner jedenfalls. Erste Handelsbeschränkungen hatte bereits Präsident Dwight Eisenhower im Sommer 1960 erlassen, nachdem das Regime Fidel Castros US-Firmen auf Kuba enteignet hatte. Jeglichen Kontakt mit Havanna abgebrochen hatte dann sein Nachfolger John F. Kennedy; nach der Raketenkrise 1962 erließ er die Reisebeschränkungen.

Brandbrief aus Havanna

Sie galten seither fast ununterbrochen. Nur einmal hatte es kurzzeitig ein paar Erleichterungen gegeben. Präsident Jimmy Carter ließ die Reisebeschränkungen für US-Bürger 1977 auslaufen und hob auch die Begrenzungen im Devisenverkehr auf. Sein Nachfolger Ronald Reagan aber erneuerte das Embargo mit Verve. Zuletzt achtete George W. Bush auf eine besonders strikte Einhaltung der Beschränkungen.

Ganz klar ist es allerdings nicht, ob Havanna die tastend ausgestreckte Hand Washingtons wirklich ergreifen will. Am selben Tag, an dem die USA die Erleichterungen bekanntgaben, verbreitete Kubas Regierungsblatt Granma den Wortlaut eines Brandbriefes an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Darin klagt Havanna bitterlich, dass Washington der Frau eines in den Vereinigten Staaten inhaftierten Kubaners zum wiederholten Mal ein Visum aus politischen Gründen verweigert habe. Eine "schändliche Bestätigung" sei es, wettert das Blatt, "dass Präsident Obama die Praktiken seines Vorgängers George W. Bush fortsetzt". Einfach wird die Annäherung gewiss nicht.

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