Washington war nur Zuschauer, so wie alle Welt. Barack Obama, der vermeintlich mächtigste Mann auf Erden, verfolgte die Nicht-Rücktrittsrede des Hosni Mubarak am Donnerstag an Bord von Air Force One, dem Präsidenten-Jet. Und Hillary Clinton, Amerikas Außenministerin, soll in ihrem Ministerbüro wie versteinert vor dem Fernseher gesessen sein. "Wir hatten etwas völlig anderes erwartet", räumte anonym ein enger Mitarbeiter Clintons ein, "wir wollten mehr - weil Ägypten mehr braucht."
Ungenügend. So lautete auch die Note, die Präsident Obama Stunden später seinem ägyptischen Amtskollegen für dessen störrischen, bisweilen unverständlichen Vortrag erteilte. "Zu viele Ägypter sind nach wie vor nicht überzeugt, dass ihre Regierung es ernst meint mit einem aufrichtigen Übergang zu Demokratie", hieß es in einer Erklärung, die das Weiße Haus in der Nacht zum Freitag verbreitete. Kairos Regierung solle "einen glaubwürdigen, konkreten und eindeutigen Weg zu wirklicher Demokratie vorlegen", forderte Obama, "diese Gelegenheit hat sie bisher nicht genutzt."
Am Freitag erklärte Mubarak seinen Rücktritt, trotzdem haben die USA immer weniger Einfluss in dem strategisch so wichtigen Land. Mubaraks wütender Schwur, er werde "keine fremde Einmischung oder Diktate akzeptieren oder anhören", zielte auf den bisherigen Verbündeten in Washington. Zudem schwinden Amerikas Optionen: Vizepräsident Omar Suleiman hat sich nun so eindeutig hinter Mubarak gestellt, dass er nicht mehr Makler des von Washington geforderten "geordneten Übergangs" sein kann.
Hoffen auf die Armee
Mehr denn je müssen die USA hoffen, dass Ägyptens Armee die Stabilität im Land wahrt. Und nicht schießt. Nur, das Pentagon hat offenbar seit fünf Tagen seinen Draht zu Kairos Verteidigungsministerium und zum Offizierskorps verloren; Minister Bob Gates und Generalstabschef Michael Mullen erreichen ihre Kollegen in Kairo nicht mehr. Stattdessen müht sich das Außenministerium, seine Kontakte zur Opposition zu verbessern: Ein neues Hilfspaket soll Ägyptens Zivilgesellschaft mit etlichen Millionen Dollar stärken. Damit korrigiert sich die Obama-Regierung selbst: Nach dem Machtwechsel 2009 war die Demokratie-Hilfe für Ägypten von 45 Millionen jährlich unter George W. Bush auf nur noch 25 Millionen im Jahr 2011 gekürzt worden.