USA:Trumps Gegner steht fest

Der Demokrat Joe Biden setzt seine Siegesserie bei den US-Vorwahlen fort. Bernie Sanders kann ihn nicht mehr einholen, aufgeben will er noch nicht.

Von Alan Cassidy, Washington

Joe Biden, Bernie Sanders

Spektakuläres Comeback: Joe Biden hat es geschafft. Bernie Sanders (r.) kann ihn nicht mehr einholen.

(Foto: Evan Vucci/AP)

Bernie Sanders überlegt offenbar: Der Senator und demokratische US-Präsidentschaftsbewerber kündigte am Mittwoch an, in den kommenden Wochen eine "Lagebeurteilung" vorzunehmen. Die Lage ist nach den Vorwahlen in drei Bundesstaaten am Dienstag jedoch so, dass die Frage nicht mehr ist, ob der 78-Jährige seine Präsidentschaftskampagne beendet, sondern nur noch wann.

Es ist eines der spektakulärsten Comebacks der jüngeren US-Politgeschichte, das sich am Dienstag fortsetzte: Joe Biden schlug seinen Gegner Sanders in den Bundesstaaten Florida, Illinois und Arizona mit Margen, die keine Zweifel mehr lassen, dass er der Demokrat sein wird, der im Herbst gegen Donald Trump antritt.

In Florida, dem wichtigsten Bundesstaat dieses Wahltags, holte Biden etwa 62 Prozent der Stimmen, Sanders bloß 23. Der frühere Vizepräsident kommt nun nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP auf 1121 Delegierte, Bernie Sanders auf 839. Der Linkspolitiker ist damit in einen Rückstand geraten, den er in den verbleibenden Vorwahlen praktisch nicht mehr aufholen kann.

Bernie Sanders wartet immer noch ab mit seinem Rückzug. Eine riskante Taktik

Es braucht einiges, um einen solchen Wahltag wie den Dienstag zu einer Randnotiz zu machen, zum fast schon lästigen Zwischenakt in einem großen Drama. Doch genau so verhielt es sich jetzt mit der jüngsten Runde der demokratischen Vorwahlen um die US-Präsidentschaftskandidatur. Beim Fernsehsender MSNBC, dem inoffiziellen Haussender vieler Demokraten, diskutierten die Moderatoren mit Wissenschaftlern die verschiedenen Szenarien zur Ausbreitung des Coronavirus. Sie schalteten zu Korrespondenten, die vor ausgeräumten Regalen in einem Supermarkt standen. Und als sie dann doch mal noch ein Interview mit einem Politiker ausstrahlten, war es ein Bürgermeister, der sich mit dem Virus angesteckt hatte. "Beispiellos!", riefen die Moderatoren mehr als einmal an diesem Abend, und sie meinten dabei stets die Pandemie und nicht Bidens Erfolg.

Die Entscheidung bei den Demokraten ist also gefallen. Das war auch die Botschaft, die Biden verbreitete. Er wandte sich in einem leicht verpixelten Livestream, der aus seinem Haus in Delaware übertragen wurde, an die Amerikaner. Es war keine Siegesrede, die der 77-Jährige da hielt, im Gegenteil: Der Hintergrund war dunkel, der Ton ernsthaft.

Über die Vorwahlen sagte Biden fast nichts, stattdessen sprach er sehr viel über die Corona-Krise. Er sprach den Opfern sein Beileid aus, dankte den Angestellten des Gesundheitswesens und rief die Amerikaner auf, die Handlungsanweisungen der Behörden zu befolgen - ganz so, als wäre er schon Präsident. Und wie schon vergangene Woche umwarb er die Anhänger von seinem Konkurrenten Sanders, die er für ihre Leidenschaft pries. "Ich höre euch", sagte Biden.

Ob allerdings auch Sanders die Signale hörte, war in der Wahlnacht nicht klar. Der Senator aus Vermont verzichtete auf einen öffentlichen Auftritt. In den Medien deuteten seine Verbündeten an, dass er trotz seiner aussichtslosen Position noch eine Weile im Rennen verbleiben könnte, um weiter Delegierte zu sammeln. Denn damit habe Sanders' linke Bewegung am Nominierungsparteitag der Demokraten mehr Einfluss, wenn es darum gehe, den moderaten Biden zu programmatischen oder personellen Zugeständnissen zu zwingen.

Doch damit steigt eben auch das Risiko, dass sich die Demokraten weiterhin einen Flügelkampf liefern, der im Hinblick auf die Hauptwahl gegen den Republikaner und US-Präsidenten Donald Trump tiefe Narben hinterlassen könnte.

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