Süddeutsche Zeitung

USA:Trump will's wissen

Der künftige Präsident nominiert Rex Tillerson als Außenminister. Die Nähe des Exxon-Mobil-Chefs zu Russland macht in Washington viele nervös - weshalb es zum Kräftemessen mit dem Kongress kommen könnte.

Von Stefan Kornelius, Washington

Die Wahl von Rex Tillerson für den Posten des Außenministers der nächsten US-Regierung hat immerhin eine Frage beantwortet. Für die Riege der professionellen Washington-Beobachter, Job-Jäger und Machtverteiler ist nun klar, wie der nächste Präsident regieren wird: aus dem und mit dem Weißen Haus - und ohne viel Rücksicht auf die Ministerien.

"Mit dem Außenminister entscheidet der Präsident, welche Struktur und welche Organisationsform er haben möchte", sagt der Washingtoner Ur-Insider, der frühere Botschafter in Deutschland und Abrüstungs-Unterhändler, Richard Burt. "Entweder der Präsident arbeitet nach dem Nixon-System oder nach dem Reagan-System. Entweder er versammelt alle Macht im Weißen Haus und arbeitet über den Nationalen Sicherheitsrat, oder er gibt den Ministerien mit starken Persönlichkeiten große Gestaltungsmacht."

Rex Tillerson, der designierte Außenminister, ist wohl eine starke Persönlichkeit. Aber ein Meister des Washingtoner Politik-Betriebs ist er nicht. Dass die Wahl am Ende auf einen Vorstandsvorsitzenden fiel, überraschte wenig angesichts der Neigung des künftigen Präsidenten, Wirtschaftsführer neben Generälen in die Politik zu holen. Andererseits ist bezeichnend, welche Persönlichkeiten von der Kandidatenliste Trumps es nicht geschafft haben.

Der Auswahlprozess für das Amt wurde von vielen als demütigend empfunden

Der ehemalige Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Mitt Romney, wurde wochenlang als besonders clevere Wahl gefeiert - er hätte als früher Trump-Kritiker die Brücke bauen können zum Kongress, in dem selbst die republikanische Mehrheit keine Wärme für ihren Präsidenten empfindet. Andere Großkaliber wie der frühere New Yorker Bürgermeister Rudi Giuliani werden schon länger von Trump gemieden. Offenbar will der Präsident keinen zweiten Lautsprecher neben sich. Senator Bob Corker, immerhin Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, fiel ebenso durch das Suchraster wie der Wunder-General und Ex-CIA-Chef David Petraeus oder der frühere Nato-Oberkommandierende James Stavridis.

Trumps Auswahlprozess wurde von vielen Beteiligten als demütigend empfunden. Der Spießrutenlauf durch das Foyer des New Yorker Trump-Hochhauses war für alle eine Zumutung, die den Job nicht bekamen. Petraeus war offenbar so davon irritiert, dass er den Inhalt seines Bewerbungsgesprächs samt Benotung des Präsidenten anschließend der New York Times mitteilte. Mitt Romney wurde einerseits zum Essen in ein Sternelokal gebeten. Kurz darauf durfte er dann im Fernsehen verfolgen, wie abfällig die Wahlkampfmanagerin Trumps über ihn sprach.

Tillerson machte seine Sache klüger und tauchte erst spät im Auswahlprozess auf. Preisgegeben hat er nichts. Allerdings trägt er jede Menge Ballast mit sich herum, angesammelt als Vorstandschef des Energieunternehmens Exxon Mobil. Kaum ein Potentat der Erde, mit dem er kein Geschäft abgeschlossen hat.

Interessieren wird das den US-Senat, der jedem Minister zustimmen muss. Minuten nach der Nominierung Tillersons war klar: Trump wird es hier auf einen Anhörungs-Krieg ankommen lassen. Die Vermutung ist nicht abwegig, dass der künftige Präsident dieses Kräftemessen mit dem Kongress durchaus gesucht haben könnte. Wer die Senatoren früh zu einer Loyalitäts-Geste zwingt, der wird es später umso leichter mit ihnen haben.

Fraglich aber, ob ihm der Kongress diesen Gefallen tut. Denn vom Russland-Beißer John McCain bis zum Darling der jungen Konservativen, Marco Rubio, kommt scharfe Kritik vor allem an der Nähe Tillersons zu Russland. Der Zeitpunkt der Nominierung hätte für Trump deswegen nicht ungünstiger sein können, weil das politische Washington mit der Frage beschäftigt ist, in welchem Ausmaß Russland Einfluss genommen haben könnte auf die Wahl. Die Hacker-Erkenntnisse werden Tag um Tag aus Quellen der Geheimdienste erweitert, und nichts wiegt schwerer als der Verdacht, dass der künftige Präsident und sein Außenminister in dieser Situation abhängig von Moskau sein könnten.

Wie scharf dieses Schwert ist, zeigte der bis dato still lauernde Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell. Flankiert vom Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, machte der Republikaner klar, dass es keine Sonderuntersuchung der russischen Hacker-Attacken geben werde. Angriff zunächst abgewehrt. Damit ist das Thema aber nicht erledigt. Nun wird Tillerson am Tag seiner Anhörung stellvertretend für Trump die Frage beantworten müssen: Wie hältst du es mit Putin?

Trump besetzt unterdessen weiter: Am Dienstag ernannte er den ehemaligen texanischen Gouverneur Rick Perry zum Energieminister. An den Namen des Ministeriums konnte sich Perry während einer Präsidentschaftsdebatte 2011 nicht erinnern. Allerdings wollte er es ohnehin abschaffen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3292864
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.12.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.