USA:Trump verteidigt Regime in Riad

Neue Details deuten darauf hin, dass der Journalist Jamal Khashoggi im Konsulat in Istanbul grausam ermordet wurde. Doch der US-Präsident spricht von einer Vorverurteilung: "Ich mag das nicht".

Von Paul-Anton Krüger

Mohammed bin Salman, Sylvester Turner, Khalid al-Falih

Was wusste Kronprinz Mohammed bin Salman (vorne rechts) über die Ermordung Jamal Khashoggis? Glaubt man türkischen Ermittlern, wurde der Journalist aus einer 15-köpfigen Gruppe heraus getötet. Zu den Verdächtigen gehört Maher Abdulaziz Mutreb (hinten) - ein Mann aus dem engsten Umfeld bin Salmans.

(Foto: Steve Gonzales/dpa/AP Photo)

US-Präsident Donald Trump hat davor gewarnt, Saudi-Arabien im Fall des verschwundenen Journalisten Jamal Khashoggi vorzuverurteilen. "Wir sind wieder an dem Punkt: 'schuldig bis zum Beweis der Unschuld'. Ich mag das nicht", sagte er der Nachrichtenagentur AP und zog Parallelen zu Brett Kavanaugh, den er als Richter am Oberste Gericht nominiert hatte. Ihn hatten mehrere Frauen sexueller Übergriffe als Student beschuldigt, nach Trumps Ansicht aber war er "völlig unschuldig". Saudi-Arabien sei ein "wichtiger Alliierter", sagte Trump weiter. Er forderte die Türkei auf, Video- und Tonaufnahmen vorzulegen, "sofern sie existieren". Laut Ermittlern belegen solche Aufnahmen, dass Khashoggi im Generalkonsulat des Königreichs in Istanbul ermordet wurde. Am Dienstag hatte Trump nach einem Telefonat mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman getwittert, dieser habe ihm versichert, "keinerlei Kenntnis zu haben darüber, was in ihrem Konsulat in der Türkei passiert ist". Bislang hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Riad nicht offiziell beschuldigt oder Beweise vorgelegt; er verlangte allerdings "Antworten". Trump sagte, vermutlich bis Ende der Woche werde man herausfinden, was passiert sei. Er werde sich von Außenminister Mike Pompeo unterrichten lassen. Dieser traf in Ankara Erdoğan, Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu sowie Geheimdienstchef Hakan Fidan und Sicherheitsberater İbrahim Kalın. Pompeo reiste aus Riad an, wo er auf Geheiß Trumps sowohl mit König Salman als auch mit dem mächtigen Kronprinzen beraten hatte, der im Zentrum der Anschuldigungen steht. Pompeo bot der Türkei Unterstützung bei den Ermittlungen an. Er sagte, die saudische Führung habe eine "gründliche, vollständige und transparente" Untersuchung zugesagt. Nachfragen, wie glaubwürdig dies sei, wich er aus. Allerdings gab Pompeo bekannt, die USA würden die Aufhebung von Sanktionen gegen die Türkei erwägen, die Trump wegen der Inhaftierung des US-Pastors Andrew Brunson verhängt hatte. Çavuşoğlu nannte die Gespräche "nützlich und fruchtbar", ohne auf den Fall Khashoggi einzugehen. Die türkischen Behörden ließen weitere Details über den angeblichen Verlauf der Tötung durchsickern und auch die Identitäten mehrerer Saudis, die beteiligt gewesen sein sollen. Unter ihnen ist laut der New York Times ein Mann namens Maher Abdulaziz Mutreb, der den Kronprinzen auf Reisen begleitet hat, möglicherweise als Leibwächter. Türkische Polizisten durchsuchten am Mittwoch auch die Residenz des saudischen Generalkonsuls in Istanbul.

Bundesaußenminister Heiko Maas sagte in Berlin: "Die Vorwürfe, die im Raum stehen, die sind gravierend bis verstörend." Die Bundesregierung wolle wissen, "was dort geschehen ist". Er wolle die Ermittlungen und ein mögliches Statement aus Riad abwarten. Eine geplante Reise nach Saudi-Arabien hatte er zuvor schon aufgeschoben. Unterdessen sagte auch IWF-Chefin Christine Lagarde ihre Teilnahme an einer Investorenkonferenz in Riad ab. Die Chefs von Siemens und Deutscher Bank hielten sich dagegen ihr Kommen weiter offen.

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