Süddeutsche Zeitung

USA:Unbequemer Staatsanwalt tritt nach Machtkampf mit Regierung zurück

Der New Yorker Bundesanwalt Berman ermittelte mehrfach gegen Verbündete des US-Präsidenten. Zuvor hatte Justizminister Barr erklärt, Trump habe diesen persönlich gefeuert.

Nach einem Machtkampf mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump hat der prominente New Yorker Staatsanwalt Geoffrey Berman sein Amt niedergelegt. Er werde die Leitung der Staatsanwaltschaft des südlichen Bezirks von New York mit sofortiger Wirkung geschäftsführend an seine Stellvertreterin Audrey Strauss abgeben, teilte Berman am Samstagabend mit. Es sei ihm "die Ehre seines Lebens" gewesen, in dieser Funktion arbeiten zu dürfen. Berman hatte sich zunächst geweigert, zurückzutreten.

Der Rücktritt des 60-jährigen Juristen ist die Konsequenz eines öffentlichen Konflikts mit der Trump-Regierung, der innerhalb von weniger als 24 Stunden eskaliert war. Barr hatte am späten Freitagabend mitgeteilt, dass Berman nach zweieinhalb Jahren zurücktrete. Eine Begründung wurde nicht genannt. Der Minister dankte Berman für dessen "ausgezeichnete Arbeit" und kündigte an, Trump wolle Jay Clayton, derzeit Chef der Börsenaufsicht, als neuen Bezirksstaatsanwalt nominieren. Bis zu einer Bestätigung Claytons durch den Senat solle der Bezirksstaatsanwalt New Jerseys, Craig Carpenito, vom 3. Juli an geschäftsführend das Amt von Berman übernehmen.

Berman widersprach Barr daraufhin. "Ich bin nicht zurückgetreten und ich habe keine Absicht, von meiner Stelle zurückzutreten, für die ich von den Richtern des Bezirksgerichts der Vereinigten Staaten für den Südbezirk von New York berufen wurde", erklärte der Staatsanwalt. Er habe erst aus Barrs Pressemitteilung von seinem angeblichen Rücktritt erfahren. "Ich werde zurücktreten, wenn ein vom Präsidenten ernannter Kandidat vom Senat bestätigt ist. Bis dahin werden unsere Ermittlungen ohne Aufschub oder Unterbrechung fortgeführt."

In einem von US-Medien übereinstimmend zitierten Schreiben Barrs an Berman vom Samstag hieß es dann: "Da Sie erklärt haben, dass Sie nicht die Absicht haben, zurückzutreten, habe ich den Präsidenten gebeten, Sie ab dem heutigen Tag abzusetzen, und das hat er getan."

Demokraten im Kongress kritisiseren das Vorgehen scharf

Trump bestätigte eine Entlassung Bermans durch seine Person zunächst nicht. Der Präsident sagte vor seiner Abreise zu einer Kundgebung nach Tulsa (Oklahoma) am Samstagnachmittag (Ortszeit), der Konflikt mit Berman sei eine Angelegenheit Barrs. "Ich bin nicht involviert."

Die Demokraten im US-Kongress warfen Trump vor, Ermittlungen gegen ihm nahestehende Personen behindern zu wollen. Seit seiner Berufung im Januar 2018 hatte Berman auch verschiedene enge Mitarbeiter Trumps im Visier. Seine Behörde ging unter anderem gegen Trumps früheren Anwalt Michael Cohen vor. Sie ermittelt auch gegen den Trump-Vertrauten und früheren New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani und hat dessen frühere Mitarbeiter Lev Parnas und Igor Fruman angeklagt. Berman hatte sich in den vergangenen Monaten zudem mit Ermittlungen im Missbrauchsskandal um den 2019 gestorbenen Geschäftsmann Jeffrey Epstein einen Namen gemacht.

Barr bestätigte Medienberichte, wonach Berman vor der Eskalation des Streits andere Stellen im Justizministerium oder in der Trump-Regierung angeboten worden seien. In dem Brief hieß es: "Leider haben Sie mit Ihrer Erklärung von gestern Abend das öffentliche Spektakel dem Dienst an der Öffentlichkeit vorgezogen." Barr verwies darauf, dass es dem Präsidenten vorbehalten sei, Bezirksstaatsanwälte zu ersetzen.

Er teilte außerdem mit, dass nicht Carpenito, sondern kraft Gesetzes Bermans Stellvertreterin Audrey Strauss das Amt nun geschäftsführend übernehmen werde, bis ein dauerhafter Nachfolger bestätigt ist. Berman begründete seinen Rückzug daraufhin damit, dass Barr mit der Ernennung seiner Stellvertreterin als geschäftsführende Leiterin der Behörde nun doch den Rechtsweg eingehalten habe.

Scharfe Kritik kam von den Demokraten im US-Kongress. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, warf dem Präsidenten und seinen "Kumpanen" vor, Trumps persönliche und politische Interessen über die der Amerikaner zu stellen, indem sie sich in strafrechtliche Ermittlungen einmischten. Der Minderheitsführer der Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer, forderte Clayton dazu auf, seine Nominierung zurückzuziehen.

Trump hatte auch Bernans Vorgänger entlassen

Der demokratische Senator Bernie Sanders nannte Trump "den korruptesten Präsidenten in unserem Leben". Der Kongress müsse den Vorgang untersuchen. Der Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Jerry Nadler, lud Berman ein, bei einer geplanten Anhörung zu Barr auszusagen. Nadler warf Barr vor, sich im Auftrag Trumps mehrfach in strafrechtliche Ermittlungen eingemischt zu haben.

Trumps damaliger Justizminister Jeff Sessions - mit dem Trump sich später überwarf - hatte Berman als geschäftsführenden Bezirksstaatsanwalt ernannt. Trump schickte die Nominierung nie zum Senat. Nach 120 Tagen wurde Berman daraufhin von den Richtern des Bezirksgericht formell auf den Posten berufen. Bermans Vorgänger Preet Bharara warf auf Twitter die Frage auf, warum Trump den prominenten Staatsanwalt wenige Monate vor der Wahl im November loswerden wolle. Trump hatte Bharara entlassen, nachdem dieser sich geweigert hatte, zurückzutreten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4942639
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/fie/gal
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.