USA:Trump revanchiert sich

November 25, 2020: President Trump has pardoned his first national security adviser, Michael Flynn, who spent years enme

Michael Flynn war Donald Trumps erster Nationaler Sicherheitsberater.

(Foto: Beowulf Sheehan/imago images/ZUMA Press)

Begnadigung von Michael Flynn: Der scheidende US-Präsident schenkt einem seiner frühesten Unterstützer die Freiheit. Die Demokraten sprechen von "Machtmissbrauch".

Von Alan Cassidy, Washington

Es ist ein Kreis, der sich da schließt: Michael Flynn war einer der frühesten Unterstützer von Donald Trump, in jenen Tagen, als dieser noch ein wenig aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat und um jede halbwegs prominente Unterstützung froh war. Nun hat sich Trump in seinen letzten Wochen im Weißen Haus revanchiert - und Flynn begnadigt. "Es ist mir eine große Ehre, bekannt zu geben, dass General Michael T. Flynn eine vollständige Begnadigung erhalten hat", schrieb der US-Präsident am Mittwoch auf Twitter.

Mit der Begnadigung endet ein langer und heftiger Rechtsstreit. Flynn war der erste Nationale Sicherheitsberater Trumps. Der frühere Drei-Sterne-General war schon während Trumps Wahlkampf in das Visier der eigenen Spionageabwehr geraten, weil er enge Kontakte zu russischen Kreisen unterhielt, die im Verdacht standen, sich in die US-Präsidentschaftswahl einzumischen. Als im Januar 2017 bekannt wurde, dass Flynn sich noch vor dem Amtsantritt der Trump-Regierung mit dem russischen Botschafter ausgetauscht und die Öffentlichkeit darüber belogen hatte, trat er nach nur 23 Tagen schlussendlich Mitte Februar vom Amt zurück.

Flynn bekannte sich im Dezember 2017 in der Untersuchung des Sonderermittlers Robert Mueller schuldig, auch Agenten des FBI über seine Kontakte zu Russland belogen zu haben. Später beantragte er jedoch, sein Geständnis zu widerrufen. Trump und seine Mitstreiter sehen im Fall Flynn einen Versuch der damaligen Obama-Regierung, ihre Nachfolger schon vor dem ersten Amtstag zu sabotieren. Flynn, so sagen sie, sei eine Falle gestellt worden. Justizminister Bill Bar forderte im Mai in einem ungewöhnlichen Schritt, das laufende Verfahren gegen Flynn einzustellen. Dies wurde von einem Bundesrichter und einem Berufungsgericht abgelehnt.

Mit seiner Entscheidung ziehe der Präsident einen Schlussstrich unter die "erbarmungslose, parteipolitisch motivierte Verfolgung eines unschuldigen Mannes", teilte das Weiße Haus mit. Selbst die Ermittler des FBI, die Flynn befragten, hätten nicht geglaubt, dass dieser sie angelogen habe. Das konservative Wall Street Journal lobte die Entscheidung Trumps in einem Leitartikel als "überfälligen Akt der Gerechtigkeit". Flynn sei das Opfer einer politischen Justiz.

Tatsächlich gab es rund um die Befragung Flynns einige Fragezeichen. So wurde das Justizministerium vom FBI über die Einvernahme nicht informiert. Auch innerhalb des FBI war die Aktion umstritten. Das ändert jedoch nichts daran, dass Flynn vor Gericht zweimal zugab, unter Eid über seine Kontakte zu Russland gelogen zu haben. Das ist eine Straftat.

Dass Trump Flynn begnadigen würde, war schon länger erwartet worden. Die Demokraten kritisierten den Schritt: "Trump hat das Begnadigungsrecht missbraucht, um seine Freunde und Verbündeten zu belohnen und jene zu beschützen, die für ihn lügen", sagte Adam Schiff, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus. Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, sprach von "Machtmissbrauch". Flynn habe mit seinen Handlungen die nationale Sicherheit gefährdet. Dafür müsse er die Konsequenzen tragen.

In Washington gehen viele davon aus, dass Trump in den kommenden Wochen auch noch mehrere weitere ehemalige Weggefährten begnadigen wird, besonders solche, die in den Fokus der Russland-Untersuchung geraten waren. Dazu zählen die früheren Berater Rick Gates und George Papadopoulos sowie Trumps ehemaliger Wahlkampfchef Paul Manafort. Bereits im Sommer hatte Trump seinem langjährigen Berater Roger Stone eine 40-monatige Gefängnisstrafe erlassen.

George H. W. Bush begnadigte sechs ehemalige Regierungsmitarbeiter

Spekuliert wird in den US-Medien auch darüber, dass Trump sich selbst einen präventiven Gnadenerlass ausstellen könnte, der ihn vor Strafverfahren schützen würde. Rechtlich wäre das nach Einschätzung einiger Verfassungsrechtler möglich, es gibt dafür allerdings keinen Präzedenzfall - und käme wohl für viele als Schuldeingeständnis daher. Trump selbst twitterte einmal, dass "ich das absolute Recht habe, mich selbst zu begnadigen". Eine Selbstbegnadigung hätte aber keine Folgen für die Prozesse, die Trump auf bundesstaatlicher Ebene drohen, besonders in New York, wo die Staatsanwaltschaft unter anderem Ermittlungen wegen möglichen Steuer- und Bankbetrugs führt.

Scheidende Präsidenten lösen mit ihren Gnadenerlassen regelmäßig Irritationen aus. George H. W. Bush begnadigte sechs ehemalige Regierungsmitarbeiter, die in die sogenannte Iran-Contra-Affäre verwickelt waren. Damals ging es um Geld aus geheimen Waffenverkäufen an Iran, das an eine rechte Guerilla-Bewegung in Nicaragua geflossen war. Unter den seinerzeit Begnadigten war auch der frühere Verteidigungsminister Caspar Weinberger. Bill Clinton unterschrieb an seinem letzten Amtstag einen Gnadenerlass für den Finanzinvestor Marc Rich, der vor den Strafverfolgungsbehörden in die Schweiz geflüchtet war. Barack Obama begnadigte im Januar 2017 zwar nicht die Whistleblowerin Chelsea Manning, ehemals Bradley Manning, doch erließ er ihr einen Großteil der verbleibenden Haftstrafe, sodass sie im Mai 2017 aus dem Gefängnis entlassen wurde.

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