USA:Trump oder Trump?

Wer nächster Präsident wird, ist nicht entschieden. Klar ist aber, dass der Amtsinhaber ein großes politisches Bedürfnis bedient.

Von Hubert Wetzel

In den USA hat der Präsidentschaftswahlkampf offiziell begonnen. Der republikanische Amtsinhaber Donald Trump hat in dieser Woche bei einer lauten Veranstaltung in einer Mehrzweckhalle bekannt gegeben, was ohnehin jeder wusste: dass er zur Wiederwahl antritt. Gegen wen, das kämpfen die Demokraten gerade untereinander aus. Nächste Woche finden die ersten beiden Fernsehdebatten der knapp zwei Dutzend Bewerberinnen und Bewerber statt.

Wer immer am Ende der demokratische Kandidat sein wird, er oder sie wird im Kampf gegen Donald Trump einen mächtigen Verbündeten haben: Donald Trump. Der Präsident neigt dazu, sich die schwersten Niederlagen selbst zuzufügen. Dieses Phänomen zieht sich durch seine gesamte bisherige Amtszeit.

Manchmal lag das daran, dass Trump nicht verstanden hat, wie Politik in Washington funktioniert. Das war zum Beispiel der Fall, als er versuchte, dem Kongress Geld für den Bau seiner Grenzmauer abzupressen. Manchmal lag es auch daran, dass Trumps Politik zu bizarr, zu extrem oder zu rechtswidrig war, etwa als er illegalen Einwanderern die Kinder wegnehmen ließ. Und manchmal waren es auch nur Trumps Rechthaberei und Disziplinlosigkeit, sein Hang zur Prahlerei und seine Rachsucht, die dazu führten, dass ein Tweet einen Erfolg wieder zunichtemachte. Nimmt man die Vergangenheit als Maßstab, dann können die Demokraten also durchaus damit rechnen, dass Donald Trump ihnen helfen wird, Donald Trump zu besiegen.

Wer immer für die Demokraten antritt, er oder sie wird im Kampf gegen Donald Trump aber auch einen mächtigen Gegner haben: Donald Trump. Denn wenn man die Regierungsexzesse und das Chaos abzieht und seine Twitterei ausblendet (was Wählern oft leichter fällt als Journalisten), so bleibt ein Kern von Ideen, denen sehr viele Amerikaner zustimmen; vielleicht nicht die absolute Mehrheit aller Bürger, aber eine ausreichend große Zahl in jenen Bundesstaaten, in denen die Wahl entschieden wird.

Trump tut ja in Wahrheit nicht so viel, was nicht einige seiner Vorgänger auch schon getan haben. Er tut es nur mit maximaler Brachialität, ohne Rücksicht auf politische Traditionen oder Verbündete. Die Immigrationspolitik ist dafür ein Beispiel: Die Amerikaner sind zu Recht angewidert, wenn der Präsident Familien trennen und Kinder in Käfige sperren lässt. Aber dass die USA keine offene Grenze zu Mexiko haben können, über die Hunderttausende Migranten aus Mittelamerika in den Norden auswandern, ist eine mehrheitsfähige Position.

Ähnliches gilt für andere Bereiche, die von Trumps "America first"-Doktrin betroffen sind. Die meisten Amerikaner sind keine Isolationisten. Aber sie haben es satt, Weltpolizist zu sein. Der Abschied der USA von dieser Rolle begann schon unter Barack Obama. Trump setzt diese Politik fort, wenn auch besonders ruppig und mit unschönen Folgen für Europa. Die Ansicht, dass Teile Amerikas unter dem Freihandel mit Mexiko und China leiden, ist ebenfalls nicht neu. Früher haben auch Demokraten dagegen gewettert. Trump hat dieses Unbehagen aufgegriffen und Wirtschaftsnationalismus zur Staatsraison erklärt.

Es ist daher gut möglich, dass die Wahl 2020 sich an einer Frage entscheidet: Worüber stimmen die Amerikaner ab - über Trump oder über den Trumpismus?

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