„Vom Krieg zerstört“: So hat US-Präsident Donald Trump vor einer Woche Portland beschrieben, die größte Stadt im Bundesstaat Oregon. Er wies Kriegsminister Pete Hegseth an, die Nationalgarde nach Portland zu schicken, um die Einwanderungsbehörde ICE zu schützen – „vor Angriffen der Antifa und anderer inländischer Terroristen“. Auf seiner Plattform Truth Social schrieb Trump, er genehmige auch „full force“, den Einsatz von Gewalt, falls erforderlich. 200 Soldaten der Nationalgarde wurden am Wochenende in Portland erwartet.
Oregon wehrte sich. Der Plan sei „offensichtlich rechtswidrig“, schrieben Beamte in einer Klage. Am Samstagabend hat eine Bundesrichterin ihnen nun recht gegeben – und eine einstweilige Verfügung erlassen. Die Richterin untersagt der Regierung, die Nationalgarde in Portland einzusetzen. Die einstweilige Verfügung läuft am 18. Oktober aus.
Richterin: „Hier gilt kein Kriegsrecht“
Bei der verantwortlichen Richterin handelt es sich um Karin Johanna Immergut: eine Richterin, die der republikanischen Partei angehört und von Donald Trump zur Bundesrichterin ernannt wurde. Ursprünglich war der Oregon-Fall Richter Michael Simon zugewiesen worden, den der demokratische Präsident Barack Obama ernannt hatte. Simon lehnte den Fall aber ab, weil Äußerungen seiner Ehefrau – einer demokratischen Politikerin – für Diskussionen sorgten. Sie stellte die Rechtmäßigkeit des Truppeneinsatzes infrage.
Der Fall wurde deshalb Richterin Immergut zugewiesen. Aus ihrer Sicht betrifft er drei der grundlegenden Prinzipien der konstitutionellen Demokratie: das Verhältnis zwischen der Regierung und den Bundesstaaten, das Verhältnis zwischen den Streitkräften und den Strafverfolgungsbehörden und die Rolle der Judikative, die sicherstellen muss, dass die Exekutive die Gesetze einhält.
„Ob wir uns dafür entscheiden, den Vorgaben der Verfassung in diesen drei Punkten zu folgen, ist zentral für das Verständnis dessen, was es bedeutet, in den Vereinigten Staaten unter Rechtsstaatlichkeit zu leben“, schreibt Immergut in ihrer Entscheidung. Die USA hätten eine lange Tradition gegen staatliche Übergriffe. Die Tradition lasse sich auf einen einfachen Grundsatz zurückführen: „Dies ist eine Nation des Verfassungsrechts, nicht des Kriegsrechts.“
In den 1990er-Jahren befragte sie Monika Lewinsky
Wer ist die Richterin, die derart deutliche Worte wählt? Karin Johanna Immergut wurde 1960 in Brooklyn geboren, als Tochter eines österreichischen Chemikers und einer schwedischen Mathematikerin. Zunächst absolvierte sie einen Bachelor of Arts, später erwarb sie in Berkeley einen Doktortitel in Rechtswissenschaften.
In Kalifornien befasste sich Immergut mit Fällen von Drogenhandel und Geldwäscherei. Später zog sie nach Oregon, wo sie als stellvertretende Bezirksstaatsanwältin hauptsächlich Wirtschaftskriminalität verfolgte. Ab 1998 arbeitete sie für den Anwalt Kenneth Starr, der eine Untersuchung gegen den damaligen Präsidenten Bill Clinton wegen dessen Affäre mit Praktikantin Monica Lewinsky führte, und befragte diese.
Im Jahr 2003 ließ sich Immergut als Republikanerin registrieren. Der damalige Präsident George W. Bush ernannte sie zur Staatsanwältin für Oregon. Donald Trump machte sie 2019 zur Bundesrichterin.
Trump hat weitere Städte im Visier
Immergut ist nicht die erste Richterin, die sich gegen Trumps Einsatz der Nationalgarde in US-Städten stellt. Anfang September hatte ein Richter in Kalifornien entschieden, dass die Trump-Regierung mit dem Einsatz von Nationalgardisten und Marines in Los Angeles gegen das Gesetz verstoßen habe.
Das jüngste Urteil erfolgt nun kurz nach Trumps Ankündigung, die Nationalgarde, die er auch nach Washington D.C. entsandt hat, in weitere Städte zu schicken, unter anderem nach Chicago, San Francisco und Memphis. Im Fall von Portland argumentierte die Regierung mit den Protestkundgebungen gegen die Einwanderungsbehörde ICE. Sie sieht darin eine „potenzielle Rebellion“.
Richterin Immergut beurteilt das anders. Sie schreibt, die Trump-Regierung habe zwar Beweise für sporadische Gewalt vorgelegt, aber keine Beweise dafür, dass diese Gewalttaten Teil eines organisierten Versuchs gewesen seien, die Regierung zu stürzen. Oregon dagegen habe Beweise dafür vorgelegt, dass die jüngsten Proteste „weitgehend ruhig und gewaltfrei“ verlaufen seien.

