USA:Ausschuss: Marsch zum Kapitol war "bewusste Strategie"

USA: Am 6. Januar 2021 stürmten Anhänger des damaligen US-Präsidenten Donald Trump das US-Kapitolgebäude, wo die Abgeordneten den Sieg des gewählten Präsidenten Biden bei der Wahl im November bestätigen sollten.

Am 6. Januar 2021 stürmten Anhänger des damaligen US-Präsidenten Donald Trump das US-Kapitolgebäude, wo die Abgeordneten den Sieg des gewählten Präsidenten Biden bei der Wahl im November bestätigen sollten.

(Foto: Essdras M. Suarez/dpa)

Im Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol geht es in der siebten Sitzung um die Rolle rechtsextremer Gruppen - und um einen explosiven Tweet des damaligen US-Präsidenten Donald Trump.

Nach Auffassung des Untersuchungsausschusses zum Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 hat der damalige US-Präsident Donald Trump den Marsch Tage zuvor geplant - und gewaltbereite Rechtsextreme direkt angesprochen. "Präsident Trump hat seinen Plan umgesetzt, indem er in seiner Rede am 6. Januar seine Anhänger aufforderte, (...) zum Kapitol zu marschieren", sagte das demokratische Ausschussmitglied Stephanie Murphy in einer öffentlichen Anhörung. "Die Beweise bestätigen, dass es sich nicht um einen spontanen Aufruf handelte, sondern um eine bewusste Strategie, die der Präsident im Voraus beschlossen hatte."

Bereits vor dem 6. Januar habe es Informationen gegeben, dass sich "sehr gewalttätige Individuen" an diesem Tag in Washington versammeln wollten, sagte Donell Harvin, der damals in einer Sicherheitsbehörde der US-Hauptstadt beschäftigt war. Besonders beachtlich sei gewesen, dass sich unterschiedliche Gruppen verbündet hätten. Trump liebe Menschen, die ihn "in der Öffentlichkeit bösartig verteidigen" würden, sagte dessen ehemalige Wahlkampf-Sprecherin Katrina Pierson. Beide hatten hinter verschlossenen Türen ausgesagt. In der Anhörung wurden Videoausschnitte davon gezeigt.

Anhänger des damaligen republikanischen Präsidenten Trump hatten am 6. Januar 2021 mit Gewalt den Parlamentssitz in der Hauptstadt Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Sieg von Trumps demokratischem Herausforderer Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl zu zertifizieren. Der Ausschuss arbeitet nun die Attacke auf. Trump behauptet bis heute, durch Betrug um einen abermaligen Wahlsieg gebracht worden zu sein. Der 76-Jährige lässt offen, ob er bei der Präsidentenwahl 2024 erneut antreten will.

"Diese Art von direkter Kommunikation hatten wir bisher noch nicht gesehen"

Ein Trump-Tweet vom 19. Dezember soll nach Auffassung von Ausschussmitglied Jamie Raskin "explosive Wirkung" in der rechten Szene entfaltet und bei deren Mobilisierung eine zentrale Rolle gespielt haben. Ein Twitter-Mitarbeiter, dessen Aussage bei der Anhörung anonymisiert vorgetragen wurde, sagte: "Diese Art von direkter Kommunikation hatten wir bisher noch nicht gesehen." Zum ersten Mal habe ein Präsident mit extremistischen Organisationen gesprochen und ihnen Anweisungen gegeben. Am 19. Dezember - nach einem Treffen mit Mitarbeitern, das nach Schilderungen von Zeugen aus dem Ruder gelaufen war - hatte Trump einen Tweet abgesetzt, in dem er zu Protesten aufrief: "Big protest in D.C. on January 6th. Be there, will be wild!" (in etwa: "Starker Protest in D.C. am 6. Januar. Seid dabei, wird wild!") In der Anhörung wurden Aussagen rechter Kommentatoren eingespielt, die sich darauf bezogen. Der Verschwörungstheoretiker Jim Watkins antwortete auf eine Frage, wann er sich entschlossen habe, am 6. Januar nach Washington zu gehen: "Als der Präsident der Vereinigten Staaten ankündigte, dass er eine Kundgebung geben würde."

Mehrere damalige Vertraute hatten Trump eigenen Angaben zufolge nach der im November 2020 verlorenen Wahl zur Aufgabe geraten. Der Ausschuss zeigte Video-Mitschnitte verschiedener Zeugenbefragungen hinter verschlossenen Türen. Trumps ehemaliger Arbeitsminister Eugene Scalia sagte demnach: "Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich denke, dass es für ihn an der Zeit sei anzuerkennen, dass Präsident (Joe) Biden die Wahl gewonnen hat." Ähnlich äußerte sich frühere Rechtsberater des Weißen Hauses, Pat Cipollone. Er sei der Überzeugung gewesen, Trump müsse aufgegeben. "Es gibt die Möglichkeit, Wahlen anzufechten. Aber die Idee, dass die Bundesregierung die Wahlmaschinen beschlagnahmen könnte - (...) das ist eine schreckliche Idee."

Es gibt schon länger Berichte, wonach im Weißen Haus diskutiert wurde, Wahlmaschinen beschlagnahmen zu lassen, um Betrugsvorwürfen nachzugehen. "Wenn man auf der Verliererseite steht, heißt das nicht, dass man darüber glücklich sein muss", sagte der demokratische Ausschussvorsitzende Bennie Thompson. Es gebe dann eine Menge, was man tun könne - aber man dürfe nicht gewalttätig werden. Trump hätte in diesem Moment sagen müssen: "Wir haben unser Bestes getan, aber wir haben es nicht geschafft." Doch er sei den umgekehrten Weg gegangen.

Am Ende der öffentlichen Anhörung am Dienstag sagte das republikanische Ausschussmitglied Liz Cheney, Trump habe versucht, einen Zeugen zu kontaktieren, der noch nicht öffentlich ausgesagt habe. Der Zeuge habe es abgelehnt, auf den Anruf zu reagieren und stattdessen einen Anwalt eingeschaltet. Cheney fügte hinzu: "Lassen Sie mich noch einmal sagen, dass wir jeden Versuch, Zeugenaussagen zu beeinflussen, sehr ernst nehmen werden."

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