USA:Als Transgender unter Rassisten

Lesezeit: 2 Min.

Derek Black setzt sich heute für Toleranz und gegen Rassismus ein. (Foto: NBCU Photo Bank/Getty Images)

Derek Black wächst in einer Neonazi- und Ku-Klux-Klan-Familie auf und hetzt schließlich selbst gegen Schwarze, Juden und Schwule. Doch dann ist sie plötzlich da, die Frage: Fühle ich mich wirklich nur als Mann?

Von Peter Burghardt

Derek Black stand schon als Kleiner wie selbstverständlich vor einer Flagge von Rassisten. Ein Foto von April 1997 zeigt Black, damals acht Jahre alt, mit diesem Symbol. Das Kind dachte sich offenkundig nichts dabei. Wie auch, in diesem Alter, mit diesen Eltern. Der Vater Don Black war früher Mitglied der amerikanischen Nazi-Partei und ist noch immer eine Stimme der White Supremacists. Der Patenonkel David Duke hatte den Ku-Klux-Klan angeführt.

Inzwischen hat Derek Black dem rechtsradikalen Glauben an die Überlegenheit von Menschen mit heller Hautfarbe abgeschworen, dem Antisemitismus und dem Hass auf Homosexuelle. Mit Mitte dreißig ist Black Aktivist für Toleranz und nun auch öffentlich ein Mensch, der sich als Transgender fühlt, also nicht mehr ausschließlich als Mann und schon gar nicht als weißer, überlegener Mann. In dem Buch „The Klansman’s Son“ hat Black seine „Reise vom weißen Nationalismus zum Antirassismus“ gerade beschrieben.

Unterwegs sind ein paar Dinge passiert, man ahnt es. Auch dem US-Sender NBC hat Derek Black kürzlich vom Alleinsein mit den großen Zweifeln an der Identität erzählt. „Man kann diese Dinge irgendwie begraben, und während eines Großteils meiner Teenagerjahre hatte ich oft das Gefühl, dass sie durchbrechen wollten“, sagte Black dem Sender. „Aber es war auch etwas, worüber ich mit fast niemandem gesprochen habe.“

Der Vater gründete eines der ersten Portale von Holocaust-Leugnern

Blacks Vater hatte schon in früher Jugend dazu geraten, alles für sich zu behalten, was nicht am nächsten Tag in der New York Times stehen solle. Don Black begann in den Neunzigerjahren Stormfront herauszugeben, eines der ersten Portale von Holocaust-Leugnern und anderen Fanatikern, die Minderheiten nahezu jeder Art verachten. Der Sohn, das war er ja in diesen Zeiten, machte in diesen Kreisen fleißig mit, kannte es nicht anders. Unterrichtet wurde Derek Black weitgehend daheim.

Black Junior und Black Senior traten zusammen bei Konferenzen von Neonazis auf, sie moderierten sogar eine gemeinsame Radiosendung. Und daheim im Palm Beach County, Florida, wurde Derek Black 2008 mit 20 in einen republikanischen Ausschuss gewählt, aber die örtliche Partei verhinderte den Amtsantritt, weil Black den Eid auf die Republikaner nicht rechtzeitig unterschrieben hatte. Die Wende kam offenbar mit dem Umzug nach Sarasota ans New College of Florida.

Irgendwann zerbröckelte der Glaube an die weiße Vorherrschaft

Auf dem Campus führte Black erst eine Art Doppelleben, morgens weiterhin als Moderator seiner Extremistenshow und tagsüber als Student auf einem seinerzeit recht liberalen Campus. Das ging gut, bis ein Kommilitone in einem Studentenforum auf die Propagandasendung hinwies. Zu den gewohnten E-Mails von fremden Andersdenkenden kamen plötzlich direkte Diskussionen mit Blacks neuen Freunden, darunter Juden und Afroamerikaner. Das alte Weltbild brach zusammen.

2013 gab Derek Black bekannt, seinen Glauben an die weiße Vorherrschaft aufgegeben zu haben. „Ein allmähliches Erwachen“, stand über dem Text auf einer Website. Darin erklärte Black seine Wandlung, entschuldigte sich für die Hetze von einst und wies darauf hin, dass ein exklusives Identitätsgefühl „unterdrückend für andere und erdrückend für unsere Gesellschaft“ sei.

Es sei „beängstigend zu wissen, dass ich geholfen habe, dieses Zeug zu verbreiten, und jetzt ist es da draußen“, soll Black einem jüdischen Freund nach einem Bericht der Washington Post von 2017 gesagt haben. Damals begann gerade die Ära von Donald Trump, dessen Anhänger dann Anfang 2021 das Kapitol stürmten; jetzt strebt Trump zurück ins Weiße Haus und will Migranten in Massen ausweisen.

Das zweite Coming-out des Derek Black geschah diesmal also in Buchform. Von Vater Don Black, dem ehemaligen Grand Wizard des Ku-Klux-Klans, heißt es, er sei von der Entwicklung seines Kindes entsetzt.

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