USA:Endstation Texas

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Ein US-Grenzpolizist versucht in der Nähe von Del Rio einen Flüchtling aus Haiti zu stoppen. (Foto: PAUL RATJE/AFP)

Tausende Migranten sind über den Rio Grande aus Mexiko gekommen - die US-Regierung reagiert mit Massenabschiebungen. Der Einsatz berittener Grenzpolizisten hat harsche Kritik ausgelöst.

Innerhalb weniger Tage hat sich die Situation in einer texanischen Kleinstadt an der Südgrenze der USA zugespitzt: Tausende Migranten sind in die Grenzstadt Del Rio gekommen und harren nun unter einer Brücke aus. Die USA geben sich hart und setzen auf Massenabschiebungen. Zuletzt seien an einem Tag etwa 3000 Menschen verlegt worden, sagte Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas am Montag bei einem Besuch in Del Rio. Er betonte, dass alle in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden sollen.

Die Mehrheit der Migranten stammt aus dem bitterarmen Karibikstaat Haiti. Tausende Menschen hatten in den vergangenen Tagen die Gelegenheit ergriffen, bei niedrigem Wasserstand durch den Grenzfluss Rio Grande von Mexiko nach Texas zu laufen. Sie versammelten sich unter der Brücke, die über den Rio Grande führt. Der Bürgermeister von Del Rio sprach am Samstag von mehr als 14 500 Menschen. Am Sonntag waren es Berichten zufolge immer noch deutlich mehr als 10 000. Sie harren dort in provisorischen Zelten aus und hausen unter menschenunwürdigen Bedingungen.

Um die Menschen zu stoppen, setzten die Behörden unter anderem berittene Grenzpolizisten ein. Die Videos von Beamten auf Pferden, die Menschen hinterherjagen, lösten Kritik am harschen Vorgehen der Behörden aus. Mayorkas erklärte, man werde die Vorfälle untersuchen und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen.

Menschen suchen Zuflucht unter der Brücke am Rio Grande. (Foto: ADREES LATIF/REUTERS)

Mayorkas betonte, dass sich die Lage sehr schnell zugespitzt habe. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sagte am Montag, die Lage in Del Rio sei schwierig, und es sei niederschmetternd, die Bilder von dort zu sehen. Die US-Regierung arbeite daran, Migranten schnell in ihre Heimat zurückzubringen, und die Lage für die Wartenden vor Ort zu verbessern und die Menschen etwa mit Mahlzeiten und dergleichen zu versorgen. Psaki wiederholte die Botschaft der US-Regierung an Migranten: Es sei nicht die richtige Zeit, sich auf den Weg in die USA zu machen.

Zahlreiche Haitianer waren nach dem verheerenden Erdbeben von 2010 mit mehr als 200 000 Toten in südamerikanische Länder wie Chile und Brasilien geflüchtet. Unter anderem wegen Diskriminierung dort und wegen der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wagten nun nach Medienberichten viele von ihnen die lange, gefährliche Reise nach Norden.

In ihrer karibischen Heimat herrschen Armut, Gewalt und politisches Chaos. Erst Mitte August bebte die Erde dort wieder heftig - mehr als 2000 Menschen kamen ums Leben. Im Juli wurde Präsident Jovenel Moïse in seiner Residenz bei Port-au-Prince erschossen.

Für die Regierung von US-Präsident Joe Biden steigt der innenpolitische Druck angesichts des rapide angewachsenen Migranten-Lagers. Konservative werfen dem Weißen Haus eine zu lasche Einwanderungspolitik vor, zugleich werden die Lebensbedingungen der Menschen unter der Brücke kritisiert. Menschenrechtsorganisationen verurteilten das Vorgehen der US-Regierung.

Vom linken Flügel seiner Demokraten wird der US-Präsident schon länger kritisiert, weil er die restriktive Flüchtlingspolitik seines Vorgängers Trump zunächst fortgesetzt hatte. Gestern allerdings kündigte seine Regierung an, die Beschränkungen deutlich zu lockern und die Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen deutlich zu erhöhen, auf 125 000 im kommenden Haushaltsjahr. Die Flüchtlinge, die von dieser Regelung profitieren könnten, werden allerdings meist schon in ihren Herkunftsländern oder Regionen überprüft und im Erfolgsfall per Flugzeug in die USA gebracht.

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