USA:Stahlzäune statt Grenzmauer

Im Streit um das Lieblingsprojekt des Präsidenten, den geplanten Wall zu Mexiko, hat der Kongress einen Kompromiss ausgehandelt. Doch Trump behält sich eine Hintertür offen.

Von Hubert Wetzel, Washington

Kabinettssitzung im Weißen Haus

Er sei „nicht zufrieden“ mit dem Kompromiss, sagte US-Präsident Donald Trump am Dienstag. Trotzdem signalisierte er Bereitschaft zum Einlenken.

(Foto: Evan Vucci/dpa)

Donald Trump wird dem von Republikanern und Demokraten ausgehandelten Kompromiss zum Grenzschutz offenbar zustimmen, obwohl dieser sehr viel weniger Geld für den Bau neuer Sperranlagen bereitstellt, als der US-Präsident ursprünglich verlangt hatte. Trump werde ein entsprechendes Gesetz unterzeichnen und nicht per Veto blockieren, meldete am Mittwoch der Nachrichtensender CNN unter Berufung auf zwei Vertraute Trumps. Offiziell allerdings hat der Präsident dem Kompromiss noch nicht sein Plazet gegeben.

Klar ist, dass Trump den Inhalt der Einigung nicht mag. Die Republikaner und die Demokraten im Kongress sind übereingekommen, dem Präsidenten etwa 1,4 Milliarden Dollar zu bewilligen, mit denen er an der Grenze zu Mexiko auf einer Länge von 55 Meilen Stahlbarrieren bauen kann. Das bleibt weit hinter der Forderung des Präsidenten zurück, der fast sechs Milliarden Dollar für den Bau von zunächst 200 Meilen neuer Grenzmauer gefordert hatte. Trumps erste Reaktion auf den Kompromiss war daher recht negativ: "Bin ich zufrieden?", fragte er am Dienstag. "Die Antwort ist Nein. Ich bin nicht zufrieden."

Ganz ausschließen wollte Trump nicht, dass die Regierung erneut dichtgemacht wird

Entscheidend ist allerdings weniger, ob der Präsident zufrieden ist, sondern ob er trotz seines Unwillens ein Gesetz unterschreibt, in dem dieser Kompromiss festgezurrt ist. Und dazu scheint Trump nach Einschätzung vieler Beobachter bereit zu sein. Er wolle den Streit um den Grenzschutz nicht noch einmal eskalieren lassen und die Regierung schließen, um den Kongress zum Einlenken zu zwingen, deutete der Präsident ebenfalls am Dienstag an. "Ich glaube nicht, dass es noch einen Shutdown geben wird." Allerdings schloss Trump auch nicht aus, dass die Regierung erneut dichtgemacht wird. Wenn die Demokraten ihn dazu zwängen, könnte das passieren, warnte Trump.

Präsident und Parlament in Washington stehen unter Zeitdruck. Sofern nicht bis zu diesem Freitag ein neues Haushaltsgesetz von beiden Kongresskammern - Senat und Abgeordnetenhaus - verabschiedet sowie vom Präsidenten unterschrieben ist, fehlt einem wesentlichen Teil der Regierung wieder das Geld für den regulären Betrieb. Wie schon im Januar müssten dann wieder wichtige Bundesministerien und -behörden schließen, Hunderttausende Staatsbedienstete erhielten mehr als einen Monat lang kein Gehalt.

Einen weiteren solchen Shutdown wollen die Republikaner unbedingt vermeiden. Schon die letzte Schließung hatte zu massiven Problem für viele Bürger geführt, nicht zuletzt zu chaotischen Zuständen an Flughäfen, wo es an Fluglotsen und Sicherheitskontrolleuren mangelte. Umfragen zeigen, dass die große Mehrheit der Amerikaner keinesfalls einen weiteren Shutdown will. Daher drängen die Republikaner im Kongress Trump vehement dazu, ein Haushaltsgesetz zu unterzeichnen, das die Regierung nach dem 15. Februar finanziert und in dem die mit den Demokraten vereinbarten Mittel für den Grenzschutz bereitgestellt werden - auch wenn die in der Höhe in keiner Weise Trumps Forderungen entsprechen.

In Washington hieß es, dass das Abgeordnetenhaus am Donnerstagabend über den Kompromiss abstimmen werde. Dort haben die Demokraten die Mehrheit. Für sie wäre es ein klarer Sieg, wenn der Kongress Trump nur 1,4 Milliarden Dollar für Stahlzäune gibt anstatt sechs Milliarden für eine Mauer. Nach dem Abgeordnetenhaus muss der von den Republikanern beherrschte Senat das Gesetz billigen. Berichten zufolge will die republikanische Fraktionsspitze das Gesetz auch dann zur Abstimmung stellen, wenn Trump es nicht öffentlich unterstützt.

Danach ist Trump dran. Er kann das Gesetz unterzeichnen oder sein Veto einlegen. Sofern der Kongress das Veto nicht überstimmt, würde das dann zumindest vorübergehend zu einem weiteren Shutdown führen. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass der Präsident das Gesetz abnickt, damit ein Shutdown vermieden wird, danach aber die Lage an der Grenze zu einem nationalen Sicherheitsnotstand erklärt. Das würde Trump erlauben, die normalen Haushaltsregeln zu umgehen und ohne Genehmigung des Parlaments Geld aus dem Verteidigungsetat für den Bau von Zäunen, Mauern oder anderen Sperranlagen an der Grenze zu Mexiko auszugeben.

Im Kongress gibt es dagegen aber heftigen Widerstand, selbst unter Republikanern. Sie befürchten einen Präzedenzfall, in dem der Präsident das Parlament, dem die Verfassung die Hoheit über die Staatsausgaben gibt, de facto entmachtet. Die Demokraten wiederum würden gegen eine Notstandserklärung sofort vor Gericht ziehen. Für Trump bestünde daher das Risiko einer peinlichen Niederlage.

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