USA:Stabschef für Trump gesucht

U.S. President Trump talks with White House Chief of Staff John Kelly at the White House in Washington

Zwei, die sich nicht mehr verstehen: US-Präsident Donald Trump und sein Stabschef John Kelly.

(Foto: REUTERS)
  • John Kelly, Stabschef von US-Präsident Donald Trump, steht laut Medienberichten kurz vor dem Rücktritt. Über seine Nachfolge wird bereits spekuliert.
  • Unter dem ehemaligen General arbeitete das Weiße Haus professioneller: Kelly feuerte einige wichtige Trump-Berater und beschränkte den Zugang zum Präsidenten.
  • Doch Trump fühlte sich von seinem Stabschef zunehmend gegängelt.

Von Hubert Wetzel, Washington

Der Stabschef von US-Präsident Donald Trump, John Kelly, steht Berichten zufolge kurz vor dem Rücktritt. Trump suche bereits nach Nachfolgern, hieß es in den vergangenen Tagen in verschiedenen amerikanischen Medien. Das Wall Street Journal nannte zwei mögliche Kandidaten: Nick Ayers, derzeit Stabschef von Vizepräsident Mike Pence, und Mick Mulvaney, ein ehemaliger republikanischer Abgeordneter, der das Haushaltsbüro im Weißen Haus leitet.

Über Kellys Abgang wird schon seit einigen Monaten spekuliert. Der ehemalige Vier-Sterne-General der Marineinfanterie war von Trump zunächst als Heimatschutzminister in die Regierung geholt worden. Im Juli 2017 wechselte er dann als Stabschef ins Weiße Haus, das damals chaotisch organisiert und von politischen Intrigen und Machtkämpfen zerrüttet war. Kelly feuerte einige wichtige Trump-Berater, deren Einfluss und Verhalten er als schädlich ansah - allen voran den ruppigen Chefstrategen Stephen Bannon. Zudem ordnete er die bis dahin verwirrenden Zuständigkeiten im Weißen Haus neu.

Vor allem aber begrenzte und überwachte Kelly den Zugang von Personen und den Fluss von Informationen zum Präsidenten scharf. Vor Kellys Amtsantritt konnten Regierungsmitarbeiter und Freunde jederzeit ins Oval Office gehen oder Trump anrufen. Kelly verfügte, dass nur noch Besucher mit vorab vereinbarten und von ihm genehmigten Terminen zu Trump dürfen. Das galt auch für Trumps Tochter Ivanka, die im Weißen Haus arbeitet. Desgleichen stoppte Kelly die Praxis, dass Mitarbeiter dem Präsidenten ausgedruckte Artikel aus irgendwelchen rechten Internetpostillen auf den Schreibtisch legten, um Trump zu beeinflussen.

Die Disziplin Kellys vertrug sich nicht mit Trumps Arbeitsstil

Kelly schaffte es auf diese Weise, eine gewisse Ordnung ins Weiße Haus zu bringen. Die Arbeit der Regierungszentrale wurde deutlich professioneller. Allerdings vertrug sich die Disziplin des früheren Generals nicht mit dem Arbeitsstil von Trump. Der Präsident mag keine straff organisierten Abläufe. Und er mag es schon gar nicht, wenn er in den Medien hören oder sehen muss, es gebe im Weißen Haus einen Mann, der ihm sage, was er tun dürfe und was nicht.

Es dauerte daher allenfalls ein halbes Jahr, bis aus dem anfänglichen Respekt Trumps für Kelly ein Ressentiment wurde. Trump fühlte sich von seinem Stabschef gegängelt und bevormundet. Kelly wiederum, der das Hickhack im politischen Tagesgeschäft eigentlich nicht mag und als altgedienter Soldat vielleicht auch nicht wirklich versteht, hatte das Gefühl, den Präsidenten ständig von katastrophalen Fehltritten abhalten zu müssen. Er sei der Einzige, der zwischen Amerika und dem Chaos stehe, ließ er wissen.

In den vergangenen Wochen ist das Verhältnis zwischen Kelly und Trump offenbar deutlich schlechter geworden. Der Präsident nimmt keine Rücksicht mehr auf die Leitplanken, die sein Stabschef aufgebaut hat, um die Arbeit zu kanalisieren. Trump verbringt einen Gutteil des Vormittags in seinen Privaträumen im Weißen Haus. Während dieser sogenannten "executive time" schaut der Präsident vor allem fern, er twittert und telefoniert frei mit allerlei beliebigen Menschen - alles an seinem Stabschef vorbei. Zudem trifft er inzwischen die meisten Entscheidungen allein und aus dem Bauch. Den früher üblichen und peinlich genau beachteten Abstimmungsprozess in der Regierung und im Weißen Haus ignoriert er fast völlig.

Als Zeichen einer inneren Kündigung Kellys werteten Journalisten eine eher beiläufige Beobachtung: Es komme jetzt vor, so hieß es kürzlich, dass die Personenschützer des Stabschefs am Vormittag vor dem Fitnessraum für die Mitarbeiter des Weißen Hauses stehen. Das bedeute: Der Stabschef des US-Präsidenten sah kein Problem darin, seinen Schreibtisch mitten am Tag zu verlassen.

Sollte Kelly gehen, stellen sich daher zwei grundsätzliche Fragen, bevor über Nachfolger spekuliert wird: Will Trump überhaupt einen Stabschef, der seinen Job macht? Und will irgendjemand dieses Amt tatsächlich haben?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: