Streit um Budget:US-Repräsentantenhaus beendet Haushaltssperre

US-Repräsentantenhaus diskutiert über Haushalt

Durch die Zustimmung des US-Repräsentantenhaus wurde die Haushaltssperre beendet.

(Foto: dpa)
  • Der US-Regierung ging erneut das Geld aus. Weil der Republikaner Rand Paul den Haushalt blockiert hatte, war der "Shutdown" in Kraft getreten.
  • Eine langfristige Haushaltssperre wurde jedoch abgewendet: Sowohl der US-Senat als auch das Repräsentantenhaus stimmte mit einer Mehrheit für das neue Budget.

Von Johannes Kuhn, Austin

Knapp sechs Stunden befand sich die US-Regierung erneut im "Shutdown" , einem sogenannten Verwaltungsstillstand. Weil der US-Kongress bis Mitternacht (sechs Uhr deutscher Zeit) kein Gesetz zur Zwischenfinanzierung verabschieden konnte, ging Regierung und Bundesbehörden bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen offiziell das Geld aus.

Doch die erneute Haushaltssperre war nur von kurzer Dauer. Noch in der Nacht auf Freitag (Ortszeit) führte der US-Senat eine Abstimmung durch. Mit 71 zu 28 Stimmen votierten die Senatoren für den zuvor ausgehandelten Kompromiss. Vor wenigen Minuten stimmte auch das Repräsentatenhaus dem neuen Haushaltsentwurf zu. Noch vor Beginn des Arbeitstages konnte so der Stillstand abgewendet werden.

Zuvor hatte der republikanische Senator Rand Paul mit Hilfe einer Senatsregel die Abstimmung um einige Stunden verzögert und dafür gesorgt, dass die Frist für eine Einigung ergebnislos verstrich. Er hatte damit gegen die geplanten hohen Ausgaben und die dafür notwendigen neuen Schulden protesiert. "Es kommt der Moment, an dem du so viele Schulden hast, dass es die nationale Sicherheit gefährdet", sagte er.

Die geplante Vereinbarung aus dem Senat sieht vor, die US-Regierung zunächst bis zum 23. März zu finanzieren. Allerdings enthält das 700-seitige Gesetz bereits wichtige Pfeiler für die Finanzierung eines zweijährigen Haushalts: So verschiebt es das Erreichen der Schuldengrenze, nach der die US-Regierung keine Kredite mehr aufnehmen darf, um ein Jahr auf März 2019.

Zudem würden die Abgeordneten und Senatoren über die kommenden beiden Jahre fast 300 Milliarden Dollar zusätzlich freigeben. Mehr als die Hälfte davon fließt in das ohnehin finanziell bestens ausgestattete Militär, dazu gibt es kleine Aufstockungen für existierende Gesundheitsprogramme für Geringverdiener und ein Milliardenprogramm für den Wiederaufbau nach den zahlreichen Naturkatastrophen 2017. Die Details würden dann in den kommenden sechs Wochen ausgehandelt.

Die geplante Erhöhung von Ausgaben ohne gleichzeitige Kürzungen lehnt Paul ab. Damit liegt er theoretisch auf der Parteilinie der Republikaner, die während der Amtszeit Barack Obamas das Haushaltsdefizit heftig kritisiert hatten.

"Die präzise Definition von Heuchelei"

"Wenn du gegen die Defizite von Präsident Obama warst und jetzt für die Defizite der Republikaner bist - ist das nicht die präzise Definition von Heuchelei?", fragte Paul in seiner Rede. Der 55-jährige Senator aus Kentucky gilt als Vertreter des libertären Flügels, der Regierungsprogramme und die hohen Militärausgaben kritisch sieht. Er ist bekannt für öffentlichkeitswirksame Blockaden von Senatsvorhaben.

Die Republikaner folgen auch unter US-Präsident Donald Trump dem Muster vergangener Jahrzehnte: Sowohl unter Ronald Reagan, als auch unter George W. Bush hatten sie trotz gegenteiliger Ankündigungen das Haushaltsdefizit stark erhöht. Bereits im Dezember verabschiedeten sie eine Reform, die das Haushaltsminus im Laufe der kommenden Jahre Schätzungen zufolge um 1,5 Billionen US-Dollar erhöhen wird. Auch Rand Paul hatte für die Steuersenkungen gestimmt, von denen Unternehmer und Besserverdiener überdurchschnittlich profitieren.

Ökonomen halten diese Politik auch deshalb für problematisch, weil die USA gerade einen konjunkturellen Aufschwung erleben und eine derartige Erhöhung des Defizits eigentlich nur in wirtschaftlich schwierigen Zeiten üblich ist.

Mehrheit im Repräsentantenhaus unsicher

Sobald das Gesetz wie erwartet mit mehr als den benötigten 60 Stimmen den Senat passiert, wird das Repräsentantenhaus über den Entwurf abstimmen, wo ebenfalls die Republikaner die Mehrheit haben. Dies wird zwischen drei und sechs Uhr Ortszeit erwartet (neun bis zwölf Uhr deutscher Zeit). Weil auch der erzkonservative "Freedom Caucus" der Republikaner-Fraktion Neuverschuldung ohne Kürzungen ablehnt, ist der republikanische Speaker Paul Ryan ebenfalls auf die Demokraten angewiesen.

In deren Fraktion gab es vor der Abstimmung einige Unruhe. Die Demokraten versuchen weiterhin, einen Schutz für die "Dreamer" genannten jungen Immigranten zu verankern, die als Kinder illegal in die USA einwanderten. Das Haushaltsgesetz war dabei lange Zeit das Druckmittel, wenn auch kein besonders effektives: Die Verhandlungen laufen seit Monaten, doch das Weiße Haus lehnte überparteiliche Kompromissvorschläge bislang ab, ohne selbst größeres Entgegenkommen zu zeigen.

Die 77-jährige demokratische Minderheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, hielt zu den "Dreamern" am Mittwoch eine viel beachtete achtstündige Rede. Sie will von Speaker Ryan eine Zusicherung, dass über einen späteren Einwanderungs-Kompromiss debattiert und abgestimmt wird. Eine solche Zusage hatte der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, den Demokraten gegeben, im Repräsentantenhaus aber steht Ryan unter dem Druck der Hardliner. Sie wollen dem "Dreamer"-Schutz nur zusammen mit einer Verschärfung der Einwanderungsgesetze zustimmen.

Helfen die Demokraten den konservativen Hardlinern?

Die Demokraten finden im Haushaltskompromiss einige ihrer Kernanliegen, fürchten aber, hintergangen zu werden: Wenn sie den Haushalt in den kommenden Stunden über die Ziellinie bringen, helfen sie Ryan, der keine eigene Mehrheit hat; aber auch die konservativen Hardliner können sich ihren Wählern bequem als prinzipientreue Defizit-Kritiker präsentieren und mit "Nein" stimmen, ohne Konsequenzen zu tragen. Sollte es in einigen Wochen dann zu einem "Dreamer"-Kompromiss kommen, könnte Ryan diesen aber auf Druck der Hardliner blockieren und gar nicht erst im Parlament zulassen.

Am späten Abend hieß es in Washington, dass höchstens 40 der 193 demokratischen Abgeordneten dem Haushaltsgesetz zustimmen würden. Dies würde theoretisch genügen - die Republikaner ließen allerdings durchblicken, dass sie wegen der hohen Zahl der Abweichler womöglich auf bis zu 80 Demokraten angewiesen sind. Solche strategisch gestreuten Informationen dienen allerdings in der Regel dazu, den Druck auf die Gegenseite zu erhöhen.

Angesichts des dysfunktionalen Verhältnisses der beiden Parteien und den im Herbst stattfindenden Zwischenwahlen könnte der Haushalt das einzige nennenswerte Vorhaben bleiben, das dem US-Kongress in diesem Jahr gelingt.

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